Boabdil ist wieder da
Fuente Victoria plant Route der Wandgemälde im Ort – eines der Bilder zeigt den Maurenkönig
Fuente Victoria – jan. Muhammad XII, der in die spanische Geschichtsschreibung als Boabdil einging und hierzulande auch als el rey chico, der junge König, bekannt ist, war der letzte Emir des islamischen Königreichs von Granada. Mit der Kapitulation von Santa Fé, die er am 25. November 1491 unterzeichnete, und der kampflosen Übergabe Granadas an die katholischen Könige am 2. Januar 1492 setzte er der mehr als 700 Jahre währenden maurischen Herrschaft auf der iberischen Halbinsel ein Ende. Für die einen war Boabdil ein Verräter und Feigling, für die anderen ein weiser Mann, der seinem Volk Leid ersparte – und der Alhambra ihre Zerstörung.
Nach seiner Entmachtung zog sich Boabdil in die südlich von Granada gelegene Bergregion der Alpujarra zurück. Dort weilte er allerdings nicht allzu lange, denn 1493 oder 1494 – die Historiker sind sich da nicht ganz einig – schiffte er in Adra auf einem Boot ein, um nach Marokko ins Exil zu gehen. An die 250 Kilometer legte Boabdil zum Teil mit längeren Zwischenaufenthalten zurück, eher er Spanien verließ. Mehr als 500 Jahre später wollen 25 Gemeinden aus den heutigen Provinzen Almería und Granada Profit schlagen aus der historischen Episode, die die lange Wanderschaft des letzten muslimischen Herrschers darstellt.
Fünf Gemeinden aus Almería
Diese 25 Gemeinden, 20 aus Granada und fünf aus Almería (Adra, Alcolea, Berja, Laujar und Fondón), haben sich vor wenigen Monaten nämlich zusammengefunden, um die Route des Boabdil zusammen zu vermarkten, mit dem Ziel, den Tourismus in ihren jeweiligen Ortschaften anzukurbeln. Anlocken will man historisch interessierte Besucher oder auch Aktivurlauber, die den von Boabdil beschrittenen Weg in Etappen erwandern wollen. Die Route des Boabdil endet logischerweise in Adra. Sie beginnt unterdessen nicht direkt in Granada, sondern in der angrenzenden Gemeinde Otura. In dieser befindet sich nämlich auf einem Bergpass der Suspiro del Moro (Seufzer des Mauren). Einer Legende nach soll sich Boabdil, als er Granada verließ, dort ein letztes Mal der Stadt zugewandt und beim Anblick der für immer verlorenen Alhambra einen Seufzer ausgestoßen haben.
Er kam, um zu verweilen
Eines der Dörfer, das Boabdil in dem zu Ende gehenden 15. Jahrhundert beherbergte, war Fuente Victoria, das damals allerdings noch Cobda hieß. Heute gehört es zur Gemeinde Laujar und befindet sich auf halbem Wege zwischen Laujar und Fondón. In Fuente Victoria hielt sich der letzte Emir von Granada sogar länger auf, denn hier steht die Casa del Rey Chico, ein kleines Palais, das ihm vor seiner endgültigen Abreise damals als standesgemäße Residenz diente.
Daran, dass Laujar Teil der Route des Boabdil ist, lässt man in Fuente Victoria keinen Zweifel. Ein Besuch der Ortschaft, soll für die auf der Route erwarteten Touristen zum Muss werden. Denn im Frühjahr, so scheint es, ist der Rey Chico sogar in das einstige Cobda zurückgekehrt, und zwar in Form eines riesigen Wandgemäldes.
Angefertigt hat das Ganzkörperportrait in herrschaftlicher Pose der Graffiti-Künstler Daniel Moxaico an einer Seitenwand des Rathauses. Geplant ist, im Ort eine Route der Murale entstehen zu lassen. Ein Wandgemälde existierte in Fuente Victoria bereits zuvor, nämlich eines, das zwei Frauen beim Dreschen zeigt. Sehenswert ist dieses allemal, denn bei der Wahl des weltbesten Murals Anfang des Jahres kam es zumindest in die Vorauswahl der Top 100.