Doñana ausgetrocknet
Letzte Lagune des Nationalparks ohne Wasser – Erdbeeren sind Politik wichtiger als Naturschutz
Huelva – mar. „In den letzten zwei Monaten drängten sich die Vögel immer enger um die Lagune, da war sie noch voller Flamingos, jetzt sind sie alle weg, übrig blieb ein Tümpel von ein paar Quadratmetern“, erklärt Carmen Díaz von der Estación Biológica de Doñana. Das Unesco-Weltkulturerbe, einst eines der größten Feuchtgebiete Europas, ist ausgetrocknet. Und zwar vollständig. Die größte „permanente“Lagune, die Santa Olalla, die sonst auf 45 Hektar Süßwasser hält, hat kein Wasser mehr. Vor ihr trockneten bereits 2.867 andere Wasserquellen im Nationalpark aus. Nur zwei Mal musste Doñana die totale Dürre ausrufen, 1983 und 1995, aber damals galt dies nur für die Hauptlagune, nicht für den gesamten Park.
Seit Jahren zu wenig Regen ist ein wichtiger Grund für die Katastrophe, die „den Lebensraum für zigtausende Vögel, aber auch Amphibien und Säugetiere unbewohnbar macht.“Nicht alle Tiere im Park sind Zugvögel, die einfach abwandern können. Die Reproduktionsraten der Kaiseradler oder der Maurenschildkröte, sind seit Jahren im freien Fall, andere Arten wie der Iberische Luchs können nur durch Zuchtprogramme überleben.
Alle arbeiten gegen den Park
Vom 1. September 2021 bis Ende Mai 2022 fielen im Park 282 Liter Regen pro Quadratmeter, das 40jährige Mittel liegt bei 540 Liter. „Der Klimawandel liefert uns immer weniger Wasser“, liest Parkdirektor Eloy Revilla aus den Daten ab. Doñana „funktioniert dabei wie eine Warnanzeige“. Wenn hier die Arten leiden, „folgen später schlechtere Ernten in der ganzen Region und dann sind auch wir Menschen dran“. Er könne aber die Auswirkungen des Klimawandels im Park nicht bekämpfen oder mildern, „wenn Landwirtschaft, Bebauung
und Politik“, stets gegen sie arbeiten würden.
Im Umfeld des Nationalparks, der unter staatlicher Aufsicht des Institutes CSIC steht, liegt der Naturpark, der in Landeshoheit der Junta de Andalucía steht, dazwischen und drumherum haben Gemeinden das Sagen. In diesem Kompetenzwirrwarr saugen die berühmten Erdbeeren aus Huelva den Naturpark trocken, tausende illegale Brunnen und andere nicht genehmigte Wasserentnahmen sind das schlimmste Übel. Hinzu kamen in den letzten Jahrzehnten immer mehr Makro-Urbanisationen und damit immer mehr Menschen, die Wasser brauchen.
Die Biologen sind seit Monaten dabei, Tränken aufzustellen, „damit wenigstens kleine Vögel und Säugetiere trinken können“, eine Lösung für die Zukunft und für alle Arten sei das aber nicht. An der trockenen Lagune Santa Olalla spielen sich derzeit Dramen ab: Die Biologen
beobachten ein Wildfohlen, das auf dem Weg zu dem restlichen Wasser im Schlamm stecken blieb und von Raubvögeln zerfleischt wurde. Kleine Vögel gehen am zu hohen Salzgehalt des Wasser ein.
Die Polizei hatte nach Anzeigen der Parkverwaltung seit 2018 rund 220 Brunnen stillgelegt, „aber wo sie einen schließen, graben sie kurz danach mehrere neue“, so Carmen Díaz. Die Landesregierung Andalusiens
will die Wasserdiebe, die illegalen Erdbeerbauern von Huelva per Landesgesetz freisprechen. Es geht um 1.460 Betriebe oder Bauern. Eine Amnestie, die einer Verurteilung des Nationalparks gleichkommt, womöglich einem Todesurteil.
Doch solange die Nachfrage nach Erdbeeren aus Huelva rund um das Jahr in Europa so groß ist, wird es immer Bauern geben, die versuchen, illegal an Wasser zu kommen. „Andalusiens Ministerpräsident Juanma Morena sollte mal herkommen, um zu sehen, was hier los ist, doch die Politiker kommen immer nur, wenn hier alles schön aussieht“, so Díaz.
Doch der angesprochene Moreno schimpft lieber auf die Zentralregierung in Madrid, dass sie zu wenig investiere, um Andalusiens Wirtschaft, Felder und Orte mit ausreichend Wasser zu versorgen, während er selbst etliche Investitionsprojekte schuldig blieb, das Geld dafür, das alle Andalusier mit der Wasserrechnung zahlen, aber einzog. Außerdem: der Nationalpark ist ja nicht seine Zuständigkeit. Die Unesco warnt bereits regelmäßig und droht mit Entzug des Welterbestatus, doch bewegt hat sich bisher nichts.
Geplanter Freispruch für Erdbeerbauern und Wasserdiebe ist Todesurteil für den Park