Der AVE im Nirgendwo
Seit Jahren kämpft Antequera vergeblich um seine alte Bahnstation
Antequera – mar. Antequeras Bürgermeister Manolo Barón (PP) hat Beschwerde gegen Adif, den Schienennetzbetreiber der spanischen Eisenbahn Renfe, beim Ombudsmann in Madrid eingereicht. Grund ist die jahrelange Verzögerung beim Bau und der Inbetriebnahme der Bahnstation Antequera Ciudad. Die Arbeiten für die Wiedereröffnung des früheren Bahnhofs unweit des Zentrums der 40.000Einwohner-Stadt, der seit Jahren stillgelegt ist, begannen 2015. Im Jahr 2018 wurde die Fertigstellung der Arbeiten ausgeschrieben, zwölf Monate später sollte der Bahnhof in Betrieb gehen, doch bis heute „hat uns Adif nicht einmal ein Datum für die Wiedereröffnung genannt“.
30 Euro für das Taxi zum Zug
Da laut Barón seine Interventionen beim Verkehrsministerium und bei Adif selbst auf taube Ohren stießen, bliebe ihm nur der Gang zum Volksanwalt, dem „Defensor de Pueblo“, einem Verfassungsorgan ohne Weisungsrechte. Antequera, das sich als geographisches „Herz Andalusiens“bezeichnet, verfügt mit dem Bahnhof Santa Ana über ein bedeutendes Drehkreuz des Eisenbahnverkehrs mit direkten AVE- und anderen SchnellzugVerbindungen nach Madrid, Málaga, Granada, Sevilla, Córdoba und Algeciras. Allerdings liegt dieser Bahnhof rund 20 Kilometer außerhalb der Stadt – mitten im Nirgendwo. Nur ein einziger Zubringer am Morgen bringt Fahrgäste hin und holt sie ab, eine regelmäßige Busverbindung von Antequera
Stadt nach Santa Ana gibt es nicht. Der moderne, völlig überdimensionierte Bahnhof mitten in Olivenhainen, für den 2008 die historische Station Pinar abgerissen wurde, wird denn auch praktisch nur als Umsteigebahnhof genutzt.
Bürgermeister Barón erklärte bisher nicht schlüssig, warum seine Stadt keine reguläre oder wenigstens eine On-Demand-Buslinie nach Santa Ana anbietet, denn eine Taxifahrt kostet immerhin 30 Euro pro Strecke und ist so mitunter teurer als die Bahnfahrt selbst.
Das Gleiche gilt für den inexistenten öffentlichen Nahverkehr in die weit verstreuten Vororte Antequeras oder zum 18 Kilometer entfernten Karstgebirge Torcál, einer der touristischen Hauptattraktionen der Gegend rund 45 Kilometer nördlich von Málaga, das ebenfalls nur mit privaten Fahrzeugen erreichbar ist. Angrenzend an das Bahnhofsgelände wurde bei den Arbeiten eine römische Villa freigelegt, womöglich Teil der Römerstadt
Singilia Barba. Der Fund hielt die Bauarbeiten kurz auf, die Stadt macht jedoch keine Anstalten, das Gelände genauer archäologisch zu erschließen.
Der 1865 eröffnete Stadtbahnhof von Antequera sollte die historischen Verbindungen nach Sevilla und Granada sowie Málaga zurückbringen und so auch den Inlandstourismus
ankurbeln. Früher fuhren von hier auch Züge bis Algeciras und Almería. Mit der verzögerten Wiedereröffnung des Stadtbahnhofs geht auch ein Problem für Fußgänger und Radfahrer einher, denn die Überquerung der Schienen, auch der dort vorbeiführenden AVE-Strecke sowie der A7282, ist praktisch unmöglich, beziehungsweise lebensgefährlich und soll durch eine Unterführung von Adif gelöst werden.
Fincas, ein Hotel, Olivenhaine, Wanderwege sowie einer der größten Olivenproduzenten Spaniens befinden sich auf der anderen Seite der Straße. 2019 kam auch die Idee auf, einen neuen Busbahnhof direkt neben die Station zu bauen (der aktuelle ist vollkommen verwahrlost) und so attraktive Umstiegsmöglichkeiten zu schaffen.
Der Ombudsmann soll nun Vermittler zwischen den Parteien sein. Entscheiden kann er nichts, aber Behörden sind verpflichtet, auf seine Anfragen zu antworten. Ziel Baróns ist eine „baldmögliche Eröffnung“und ein „verbindlicher Zeitplan“für Antequera Ciudad.
Adif wiederum erklärt, alle Arbeiten nach Priorität geordnet abzuarbeiten. Der Ausbau des AVENetzes aber ging in Spanien schon immer vor die Belange von Kleinstädten, die ihre alten Bahnanschlüsse zurückhaben wollen. Mit einer gerade eingeführten AVEVerbindung zwischen Málaga und Granada, die Antequera umfährt, nährt sich allerdings der Verdacht, dass Adif den Stadtbahnhof ganz beerdigt haben könnte.
Antequeras Bahnhof liegt 20 Kilometer außerhalb, in einem Olivenhain