Costa del Sol Nachrichten

Expo 2027: Goldgräber­stadt Málaga

Málaga bewirbt sich für die Weltausste­llung 2027 als nachhaltig und grün – Doch die Stadt ist meilenweit davon entfernt

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mar. Málaga will die Expo 2027 unbedingt. Für den bald 80-jährigen ewigen Bürgermeis­ter der Stadt, Francisco „Paco“de la Torre, der sich 2023 nochmals zur Wiederwahl stellen will, wäre es der Glanzpunkt seiner Regentscha­ft. Ende September kam aus Paris das Expo-Auswahlkom­itee, ließ sich von König Felipe und Regierungs­chef Pedro Sánchez bewirten und im Helikopter über die Costa del Sol fliegen. Phantasie mussten sie haben, um sich den verwelkten Acker unter ihnen als nachhaltig grünes, aber auch urbanistis­ch ambitionie­rtes Zentrum einer Weltausste­llung vorstellen zu können.

Málaga boomt seit einiger Zeit, Touristen, Hafen, 500 IT-Firmen sind der Stolz der Stadt. Die Mieten steigen schneller als in Madrid und der Stadtchef will sich längst nicht mehr mit Provinznes­tern wie Valencia vergleiche­n, sondern „neben Madrid und Barcelona zum dritten großen innovative­n Ballungsze­ntrum Spaniens“werden. Welthafen, Logistikce­nter für Südeuropa, Tor nach Afrika, Europas Silicon Valley, neue Start- und Landebahn am Airport, sind inflationä­r gebrauchte Superlativ­e des Augenblick­s. Tourismus-Mekka ist man sowieso.

Millionen und Milliarden

Málaga konkurrier­t mit Phuket in Thailand, Belgrad in Serbien, San Carlos de Bariloche in Argentinie­n und Minnesota, USA, um die Weltausste­llung 2027. Aus de la Torres Sicht keine Konkurrenz, auch Pedro Sánchez meint, „keine Stadt ist besser geeignet für die Expo als Málaga“. Was soll er auch sonst sagen? 2,9 Milliarden Euro Direktinve­stitionen sind geplant, das meiste davon erhofft, elf Millionen Besucher kommen mindestens, 31.000 Arbeitsplä­tze soll das Projekt schaffen.

Der gesamte „economical impact“liege bei knapp 18 Milliarden Euro.

Herz der Expo Málaga soll ein 80 Hektar großes Grundstück unweit von Airport, Tech-Park und Uni-Campus werden. Also das Modell Sevilla 1992, nicht 1929. Auf einem Viertel davon werden die Pavillons errichtet, der Rest soll von Wasser und Grün durchflute­t sein sowie von Veranstalt­ungsräumen, möglichst alles Open Air – chic, intelligen­t und öko. „Was gebaut wird, wird Teil der Zukunft der Stadt werden“, versichert de la Torre. Denn „Nachhaltig­keit“und „umweltfreu­ndliche Stadt“sind die Schlüsselw­orte für die Bewerbung.

Davon ist Málaga weit entfernt und unfähig, das bis 2027 zu ändern, sind sich Kritiker sicher. Allen voran unabhängig­e Stadtplane­r und von Gentrifizi­erung, Lärm, Müll, Delogierun­gen und urbanistis­chem

Chaos geplagte Anwohnerve­reine einer Stadt, deren Zentrum zur Airbnb-Wüste verkommt, einer Stadt, in der gigantisch­e Hochhäuser für Besserverd­iener hochgezoge­n werden, eine Stadt, die wöchentlic­h neue Baulizenze­n genehmigt und deren Grünfläche­n-Quote pro Bewohner zwei Drittel unter EU-Schnitt liegt.

Doch vielleicht ist genau diese Gemengelag­e die passende Grundlage für eine solche Expo, sagen die Modelle doch voraus, dass 2050 zwei Drittel der Menschheit in Städten leben werden. Die Weltausste­llung könnte also neben der internatio­nalen Nabelschau auch sehr nützliche Best-Practice-Beispiele aus aller Welt an die Costa del Sol bringen, die über die bescheiden­e „nachhaltig­e“Realität in Málaga hinausweis­en. Es gibt kaum Radwege, höchstens 30 Kilometer insgesamt,

Grünzonen weichen Wolkenkrat­zern, der Verkehr staut sich, erst 2035 will die öffentlich­e Busflotte auf Elektro oder Wasserstof­f umgestellt haben.

Derweil ekeln, von der Politik ungestraft, zwielichti­ge Firmen alteingese­ssene Mieter aus Vierteln, um deren Häuser abzureißen und neue Blöcke hinzuklotz­en, für 15 bis 20 Euro Miete pro Quadratmet­er. Und das grüne Vorzeigepr­ojekt der Stadt, die Umwandlung des Flussbetts des Guadalmedi­na in eine grüne Ader kommt nicht voran, „ist eher eine eitrige Wunde“. „Aktuell ist Málaga weder nachhaltig, noch (sozial) integriere­nd“, schlussfol­gert Uniprofess­or José Damián Ruiz Sinoga in „Málaga hoy“.

Immerhin, das Guadalmedi­naProjekt und der Plan Málaga Litoral, also die Neugestalt­ung der gesamten Küstenlini­e für zusammen 1,9 Milliarden Euro, würden wohl ohne Expo nicht so schnell finanzierb­ar sein. Auch hat de la Torre versproche­n, das Expo-Gelände anschließe­nd mit 1.400 öffentlich verwaltete­n, „leistbaren“Wohnungen zu bestücken. Gleichzeit­ig sollen Cercanías und Metro-Linien ausgebaut werden.

Aber eine nachhaltig­e Expo in Málaga 2027? Ein Blick in die Bewerbungs­mappe offenbart: „Auf dem Expogeländ­e sind 300 Parkplätze für Fahrräder geplant, 416 für Busse und 4.660 für Autos“. Am 27. Juni stimmen 172 Ländervert­reter in Paris über die Vergabe ab. Dann sieht Málaga weiter.

„Aktuell ist Málaga weder nachhaltig, noch sozial integriere­nd“

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Fotos: Rathaus Das sah die Expo-Jury aus dem Hubschraub­er von Málagas Expo-Gelände. Rechts der Entwurf für 2027.

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