Start in die Opernsaison
Teatro Cervantes in Málaga zeigt in dieser Saison eine Opera Buffa und drei veristische Opern
Málaga – jan. In einem sizilianischen Dorf zum Osterfest spielt die 1890 in Rom uraufgeführte Oper „Cavalleria Rusticana“(Sizilianische Bauernehre in Dtl.) von Pietro Mascagni, die unter Kritikern seinerzeit ob ihrer Rohheit keinen großen Anklang fand, vom Publikum indes sehr positiv aufgenommen wurde und in nur zwei Jahren weltweite Verbreitung fand. Der Einakter, der auf einer gleichnamigen Erzählung von Giovanni Verga basiert, der auch das Libretto mit verfasste, handelt von Liebe und – tödlicher – Eifersucht. Turiddu, ein junger Bauer, verschmäht seine Geliebte Santuzza, um eine Liaison mit der verheirateten Lola einzugehen. Als deren Mann Alfio davon erfährt, fordern sich beide gemäß einem bäuerlichen Ehrenkodex zum Duell auf, bei dem Alfio Turiddu tötet.
Die überwältigende Resonanz auf Mascagnis „Cavalleria Rusticana“diente Ruggero Leoncavallo als Anregung für seine Oper „Pagliacci“(Der Bajazzo), die 1892 in Mailand uraufgeführt wurde. Innerhalb von nur fünf Monaten hatte Leoncavallo nach eigener Aussage die Musik komponiert und auch das Libretto geschrieben, für das Werk, das sein größter Erfolg werden sollte, ihn zeitlebens aber auch mit Plagiatsvorwürfen konfrontierte – bezüglich der Musik, vor allem aber der Handlung, für die er sich bei zwei früheren Theaterstücken bedient haben soll.
Die Oper in einem Prolog und zwei durch ein Intermezzo getrennten Akten spielt in Kalabrien zu Mariä Himmelfahrt. Der eifersüchtige Canio, der als Mitglied einer Comedia-dell-arte-Truppe einen Clown spielt, der von seiner Frau betrogen wird, erfährt, dass er auch im wahren Leben einen Nebenbuhler hat, dessen Identität er aber nicht kennt. Im zweiten Akt vermischt Canio während einer
Vorstellung Realität und Schauspiel, stellt seine Frau Nedda auf der Bühne zur Rede und erdolcht sie schließlich ob ihres Schweigens. Im Sterben ruft Nedda nach Silvio, womit sie die Identität ihres Liebhabers lüftet und auch dessen Tod besiegelt. Mit den Worten „La comedia è finita“(dt. die Komödie ist beendet) wird das Publikum am Ende verabschiedet.
Leoncavallos „Pagliacci“war ebenfalls von Anfang an außerordentlich erfolgreich und gelangte alsbald ins internationale Repertoire. Beide Opern gelten als die Paradewerke des Verismo, ein Stil, der sich zum Ende des 19. Jahrhunderts in Italien durchsetzte, als sich die Opera Seria und die Opera Buffa zu erschöpfen begannen. Veristische Opern zeichnen sich durch die Aufgabe der klassischen
Theaterregeln aus. Sie stellten nicht mehr das Schicksal von Königen und Fürsten in stilisierter, sondern jenes einfacher Leute in natürlicher, realitätsnaher Weise dar – was bis dato einzig den Komödien vorbehalten war.
„Pagliacci“und „Cavalleria Rusticana“haben indes noch mehr gemeinsam als nur die realistische, in einem niederen sozialen Milieu angesiedelte Handlung. Die beiden Opern eint nämlich auch der gewaltsame Höhepunkt, der sich im ländlichen, machistisch geprägten Süden Italiens abspielt. Und beide Opern sind mit einer Länge von 75 beziehungsweise 70 Minuten auch relativ kurz, weshalb sie trotz stilistischer und ästhetischer Unterschiede sehr oft gemeinsam inszeniert werden, um eine abendfüllende Aufführungsdauer zu erreichen, mit einer Oper vor und der anderen nach der Theaterpause.
So ist es auch im Teatro Cervantes in Málaga vorgesehen worden, wo die Opern von Leoncavallo und Mascagni am 25. und 27. November jeweils zusammen auf
der Bühne zu sehen sein werden. Sie leiten zugleich die Opernsaison des Konzert- und Schauspielhauses ein. Fortgesetzt wird diese von einer weiteren doppelten Inszenierung am 24. und 26. Februar. An diesen beiden Abenden wird im Teatro Cervantes „Il barbieri di Siviglia (Der Barbier von Sevilla) gezeigt. Die Opera Buffa von Gioachino Rossini mit Libretto von Cesare Sterbini entstand 1816. In epischer Länge von zweieinhalb Stunden erzählt sie von den Maskeraden des Grafen Almaviva, um sich, einem Rat seines Barbiers folgend, inkognito seiner Angebeteten Rosina zu nähern.
Beendet wird die Saison am 19. und 21. Mai mit einer Rückkehr zum Verismo und zwar mit der von Francesco Cilea komponierten und 1902 erstmals auf die Bühne gebrachten Oper „Adriana Lecouvreur“. Dem Text zu der Oper, der aus der Feder von Arturo Colauti stammt, liegt ein von dem Dramatiker Eugène Scribe eigens für die Schauspielerin Elisabeth Felix geschriebenes Theaterstück zugrunde. Das zweieinhalbstündige Drama basiert auf der realen Geschichte der Theaterschauspielerin Adriana Lecouvreur, die als Opfer eines Geflechts aus Lügen, Intrigen und verratener Liebe 1730 in Paris vergiftet wurde.
Verismo leitete Ende des 19. Jahrhunderts in Italien den Abgesang der klassischen Oper ein