Statistik macht nicht satt
Durchschnittseinkommen in Spanien: Wo die ärmsten Gegenden und reichsten Städte zu finden sind
Madrid – mar. Spaniens monetär ärmste Kommune ist Palmar de Troya bei Sevilla, wo jeder erwachsene Einwohner im Schnitt nur 6.785 Euro netto im Jahr einnimmt, also 565 Euro pro Monat, wie die neuesten Daten zum Durchschnittseinkommen in Spanien des Nationalen Statistikinstituts (INE) zeigen. Doch auch in Torrevieja (Alicante) sind es nur 8.417 Euro jährlich, nun ja, gezählt und errechnet an den wirklich gemeldeten Einwohnern. Fast viermal so viel Geld wie im ärmsten Ort haben die Einwohner der reichsten Gemeinde, Pozuelo de Alarcón, zur Verfügung. In Madrids Villenvorort sind es 26.009 Euro netto im Jahr, gefolgt von Matadepedra bei Barcelona mit 22.806 Euro und Boadilla del Monte, ebenfalls Madrid, mit 22.224.
Da die Daten aber in kein Verhältnis zu den Lebenshaltungskosten oder der Preisentwicklung in Spanien gestellt werden, verzerren sie die praktische Aussagekraft doch erheblich. Zudem kann es bei der Aufschlüsselung passieren, dass man die Putzfrau oder Pflegerin übersieht, die zwar im „steinreichen“Pozuelo in der Einliegerwohnung ihrer Herrschaft lebt, aber für einen Hungerlohn schuften muss und sich nicht einmal die Bahnfahrt zu ihrer kranken Mutter leisten kann, während der arme Landmann in Jaén zwar kein Geld auf der Bank, dafür aber das Paradies in seinem Garten hat und um sich jeden Tag die Familie, die er liebt. Ein bisschen melodramatisch vielleicht, aber so versteht man es doch.
Ein Lottomillionär katapultierte ein Dorf bei Girona binnen eines Jahres von Rang 128 auf vier in der Landesliste der höchsten Einkommen und die Einwohner wundern sich nun, wo ihr Anteil an dem ganzen Geldsegen zu finden
sei. Wer ein Häuschen mit Gemüsegarten in einem billigen Dorf in Huelva geerbt hat, lebt mit der Hälfte des Geldes mitunter besser als ein armer Schlucker in Alicante oder ein Student in Madrid, der pendeln und eine Wohnung mieten muss.
Das INE hat nur Orte mit über 2.000 Einwohnern in die Auflistung gestellt, beruhend auf den Einkommen von 2020. Grundsätzlich zeigt die Karte ein striktes Nord-Süd-Gefälle, von dem sich nicht einmal die touristisch boomenden Küsten freimachen können. Das leere Spanien, also La Mancha, Extremadura, Murcia sowie „traditionell“Andalusien, sind Spaniens ärmster Teil.
Für ganz Spanien, auch das ist eine interessante Schere, die sich endlich langsam schließt, beträgt das durchschnittliche Jahreseinkommen pro Erwachsenem 18.339 Euro netto pro Mann, 17.900 pro Frau. Nach Regionen: Das Baskenland vereinte die meisten Menschen in den drei höchsten Einkommensgruppen (62 Prozent), gefolgt von Madrid (46), Katalonien (41). Andalusien wiederum hat die Mehrheit, 60 Prozent, in den drei untersten Einkommensstufen, gefolgt von Extremadura (59), den Kanaren (47) und Kastilien La Mancha (43).
Interessant ist auch das Einkommensranking der Provinzhauptstädte. Die höchsten durchschnittlichen Einkommen verzeichnet San Sebastián, der schmucke Kurort im Baskenland, gefolgt von Girona in Katalonien und der Hauptstadt Madrid. Mögen Andalusiens Dörfer auch
arm sein, die ärmsten Städte Spaniens sind die autonomen Gebiete in Afrika: Melilla und Ceuta sowie
vielleicht etwas überraschend Alicante. Fast jeder Vierte dort gilt als statistisch arm. Und hier greift auch kaum das Argument niedrigerer Lebenshaltungskosten. Wer in Alicante in den vergangenen Jahren eine brauchbare Wohnung zu vernünftigem Preis suchte, wird das bestätigen. In den kommenden Jahren, das zeigt ein visionärer Blick nach Málaga, wird dies zu einer Mission Impossible.
Justiert nach Lebenshaltungskosten und durchschnittliches Vermögen (zum Beispiel Eigenheime) berücksichtigt, steht Spanien beim materiellen Wohlstand in der EU übrigens knapp hinter Italien und noch knapper vor Griechenland und Portugal. Die vier beliebtesten Urlaubsländer der Nordeuropäer in sonniger Armut vereint.
Alicante ist nach Ceuta und Melilla die ärmste Stadt in Spanien