Rudern mit dem Wasserfall
Spanische Ex-Leistungssportlerin appelliert zu offenem Umgang mit Depression
Madrid – sw. Ob Rafael Nadal oder Alexia Putellas. Zu gern berauscht sich Spanien an seinen Erfolgsgaranten. Aber die glänzenden Trophäen haben eine Kehrseite. Und man muss sich nicht auf der großen Wettkampfbühne abquälen, um Champion zu sein. Darauf wies in einem Video, das Spaniens Oberster Sportrat am 10. Oktober, dem Tag der seelischen Gesundheit, vertrieb, die Ruderin Victoria Cid hin.
Mit 23 Jahren war die Spanierin drauf und dran, sich für Olympia in Tokio 2021 zu qualifizieren. Aber gestoppt wurde sie durch eine unsichtbare Gegnerin: Die Depression. Länger als sie es wahrhaben wollte, war die innere Rivalin mit im Boot gewesen: „Ich trainierte jeden Tag, bemerkte die Depression gar nicht.“Auch Mitmenschen
Cid: Keine Angst mehr.
sagten zu ihr, wenn sie mal Zweifel äußerte: „Gut siehst du doch aus.“Doch dann kam Corona, und erstmals seit langem musste die Sportlerin das Ruder beiseite legen.
Prompt überwältigten sie ihre Gefühle. Ein Wasserfall negativer Gedanken und Emotionen riss Cid innerlich mit. „Ich kollabierte total, konnte nicht mehr weiter.“Zum Glück war die Familie da – Schwester, Mama – und brachte sie zum Arzt. Diagnose: Depression.
Ein halbes Jahr versuchte Cid es noch mit dem Leistungssport, „aber der bringt dich auf ein Niveau, auf dem der Geist es nicht aushält“, so die Sportlerin. „Bei einem mentalen Gesundheitsproblem musst du viel Arbeit an dir selbst ausführen.“Mit dem Alltag und dem Studium wurde es der 23-Jährigen zu viel. Den Rücktritt bedauere Cid nicht – und sei auch ihrer unsichtbaren Gegnerin, die sie außer Gefecht setzte, nicht böse: „Ich sage danke – danke, Depression – weil ich jetzt wieder ich selbst bin.“
Grundlage des Glücksgefühls
Nicht sie selbst sein: Das sei ein ernstes Hindernis für die Heilung gewesen. Lange habe Cid den extremen Sport als Abschalten gesehen. Lange ruderte sie gegen depressiv machende Ströme an. „Aber das war kein richtiger Genuss“, sagt Cid, die nun „echt glücklich“sei und „keine Angst“mehr habe. Sie rate zur Offenheit mit der eigenen Psyche, und auch mit dem inneren Wohlbefinden von Mitmenschen, „weil das die Grundlage dafür ist, die Krankheit zu überwinden.“