Bis zu 70 Patienten pro Schicht
Ärzte Málagas beklagen inhumane Bedingungen für Patienten und Personal – Privatsektor boomt
Málaga – mar. Die Arbeitsbelastung in der öffentlichen medizinischen Erstversorgung in Málaga, also vor allem in Gesundheitszentren und Notaufnahmen, steigt stetig. Die lokale Ärztegewerkschaft SMM spricht von „im Schnitt 55 bis 60 Patienten, manchmal 70, die täglich pro Arzt behandelt werden müssen“. SMM-Präsident José Antonio Becerra beklagt, dass „diese Zustände die Patienten nicht heilen und zusätzlich die medizinischen Fachkräfte krank machen. Doch die verantwortlichen Politiker scheinen dafür blind zu sein“.
Sechs Tage für Arzttermin
Laut andalusischem Gesundheitsministerium werde die maximal zulässige Zahl von 45 Patienten pro Tag in Málaga nicht überschritten. „Die zählen in Sevilla aber nur die Patienten mit regulären Terminen, spontane Besuche, Notfälle, Rückfragen oder Mehrfachbehandlungen lassen sie einfach unter den Tisch fallen“, so Becerra. Neben Málaga Stadt seien vor allem die Einrichtungen im Westen der Costa del Sol bis Rincón de la Victoria überlastet.
Aufgrund der vielen Patienten pro Arzt, müssten weiterführende Behandlungen und nicht lebensnotwendige Operationen verschoben werden. Um bei einem Allgemeinmediziner vorzusprechen, brauche ein Patient in Málaga im Schnitt sechs Tage. Eine Aufstockung der Arztstellen und eine Erweiterung und Modernisierung der Sprechzimmer werde vom Landesgesundheitsdienst
SAS „permanent mit dem Verweis auf den Mangel an Geldern abgelehnt“. Dabei wachse und altere die Bevölkerung an der Costa del Sol gleichzeitig und beschleunigt.
Seit zwei Jahrzehnten kämpfe man „um das Ziel, für jeden Patienten im Erstgespräch mindestens zehn Minuten Zeit zu haben. Das ist eine Utopie geworden.“Die Abwanderung in andere Autonome Gemeinschaften für teils deutlich höhere
Löhne sei ein riesiges Problem. So habe die Provinz Málaga allein 2021 über 400 Pfleger verloren, die etwa in Katalonien im Schnitt 27.000 statt der hiesigen 19.000 Euro Jahreseinkommen beziehen könnten. Ärzte und andere Spezialisten wechselten zudem immer häufiger in die private Krankenversorgung.
Von fünf Prozent auf 40 Prozent stieg der Anteil der privaten Krankenhausbetten am Gesamtbestand in Málaga binnen 20 Jahren. In der Provinz Málaga gab es Ende 2021 4.723 aktive Krankenhausbetten, fast 2.000 davon in privaten Spitälern. Durch den dortigen Kosten- und Profitdruck sei die Betreuung längst nicht
besser als im öffentlichen System. Doch das SAS leitet den privaten Anbietern immer mehr Patienten und Dienstleistungen zu, die das stetig marodere öffentliche System nicht mehr schafft. Bezahlt wird das aber mit den öffentlichen Geldern.
Patienten würden zudem indirekt „genötigt“sich privat zu versichern, wenn sie auf spezielle Behandlungen nicht lange warten wollen. Der Boom des privaten Gesundheitssektors sei an den vielen Investitionen in neue Privatspitäler ablesbar, während Málaga Stadt wohl noch ein halbes Jahrzehnt auf sein längst überfälliges drittes öffentliche Krankenhaus warten muss.
Zehn Minuten Zeit pro Patient? Eine unerfüllbare Utopie