Das Leiden der Lämmer
Schafspocken zurück in Spanien: 17.000 Tiere notgeschlachtet – Züchter in Granada verzweifelt
Granada – mar. Im Norden der Provinz Granada sowie in Cuenca im Osten der Mancha grassieren seit September 2022 die Schafspocken. Seit 1968 galten sie in Spanien als ausgerottet. Ende Oktober standen 200 Zuchtbetriebe mit 14.000 Tieren unter Quarantäne, über 17.000 Tiere wurden notgeschlachtet. Dem Menschen können die Schafspocken nichts anhaben, aber er kann die Viren als Wirt weitertragen. Die viruela ovina, die vom Capripoxvirus ausgelöst wird, führt bei 50 Prozent der betroffenen Jungtiere zum Tod. Eine befallene Herde muss aus präventiven Gründen komplett geschlachtet werden.
Nordafrika ist das größte endemische Verbreitungsgebiet der Seuche. Über Reisende aus dem Maghreb gelangen immer wieder „halbe Hammel“unkontrolliert nach Spanien, aber auch über illegal tätige spanische Viehhändler, die besonders ergiebige Zuchthammel billig in den Nachbarländern ein- und als spanische weiterverkaufen.
„Die Nachricht über den Ausbruch schlug in unserem Ort ein wie eine Bombe“, erzählt Antonio Galea, Schafzüchter in Benamaurel im granadinischen Kreis Baza, wo die Pocken nach 55 Jahren zuerst wieder auftauchten. Dann folgten die Nachbarorte. „Mein Nachbar sagte, er sei positiv, ich solle mich einschließen.“Seitdem „haben sie bei uns 950 Tiere geschlachtet, sie sagten, man könne dabei sein, doch den Anblick hält keiner von uns aus“, so der Züchter. Danach werde das gesamte
Gelände zweimal desinfiziert. Galea hat seine Tiere seit einem Monat im Stall, er ist der einzige, der das Gelände betritt, ausgerüstet wie Biowaffen-Forscher. Auf die Weide dürfen sie nicht, bis zu 30.000 Euro Strafe drohen bei Verstoß.
Die Eindämmung ist das Primärziel, daher werden um die betroffenen Höfe eine Drei-Kilometer-Sperrund eine Zehn-Kilometer-Beobachtungszone gezogen. Nicht auszurechnen, wenn die Pocken auf die Manchego-Schafe in Kastilien übergreifen, deren Käse
einer der wichtigsten Exportschlager der gesamten Region darstellt. Außerdem wird in Spanien weit mehr Lamm- und Ziegenfleisch gegessen als sonst in der EU, die Branche ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.
Die Landesregierung Andalusiens stellte kurzfristig eine halbe Million Euro Futterbeihilfe für die eingesperrten Bestände bereit. „Aber das Problem ist, dass wir sie nicht verkaufen können, zumal nun das Weihnachtsgeschäft vor der Tür steht“, so Antonio Galea im Regionalfernsehen. Lammkeule ist eines der Topgerichte spanischer Weihnachten.
Jene, die ihre Herden verloren haben, wie Antonios Nachbar Pedro Francisco Ruíz, warten nun auf eine Entschädigung, die nach Alter
der Tiere gestaffelt ist. 40 Euro gibt es für die recentales, die etwas älter als Milchlämmer sind, zwischen 50 und 90 Euro gibt es für ältere Tiere. „Wie bekommen nicht so viel, wie sie wert sind, aber was können wir machen“, so Pedro. „Ich muss eben bei Null anfangen“. Allerdings habe man ihm geraten, er solle ein halbes Jahr warten, bis wirklich wieder alles sicher ist. Ohnehin haben die Behörden dabei das letzte Wort. Der Schaden, vor allem auch für die Zukunft der Exporte in die EU wäre um ein Vielfaches größer, würde sich das Virus in Spanien festsetzen. „Das Virus könne in Resten von Schafwolle überleben, hier gibt es viele Kiefern, an deren Früchten und Rinden Wollreste kleben“.
„Die Nachricht vom Ausbruch schlug ein wie eine Bombe“