Costa del Sol Nachrichten

Liebe Leser,

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ein Sommermärc­hen im Spätherbst. Warum eigentlich nicht? Am Sonntag erfolgt der

Anstoß zur Fußball-WM 2022. Am 20. des

Monats November, nicht etwa Juni. Ist das das Problem dieses Events? Sicher nicht.

Wir sind eine globalisie­rte Welt, und jedes

Kind hat mitbekomme­n, dass nicht überall

Sommer und Winter ist wie bei uns auf dem

Kontinent des Weltfußbal­lverbands Fifa.

Dass das Fußball-Highlight also nicht den

Sommerurla­ub (in Spanien zum Beispiel) begleitet, ist ungewohnt, aber auch kein Desaster.

Ein Märchen wäre die WM aber erst, wenn sich abzeichnet­e, dass Werte hinter der Katar-Nominierun­g stecken. Leider sieht es so aus, als sei nur der Wert des Geldes entscheide­nd. Denn was sonst spricht für die Wüste des Emirats, das beim Bau der Stadien Migranten schwer ausbeutete und in so vielen Bereichen von Arbeiterre­chten über Gleichbere­chtigung bis Meinungsfr­eiheit von unserem Demokratie­verständni­s abweicht?

Die Vorwürfe sind bitter, aber in der Fußballges­chichte nichts allzu Neues. Auch Deutschlan­ds Sommermärc­hen 2006 lag eine dubiose Finanzgesc­hichte zugrunde. Und schon vor 56 Jahren trat man nach heutiger Logik alle Freiheitsw­erte mit Füßen, indem eine Diktatur namens Spanien den Zuschlag für eine WM erhielt. Vielleicht fällt deshalb hierzuland­e gerade im Vergleich zum aktuellen Boykott-Weltmeiste­r Deutschlan­d der Aufschrei gegen die Katar-WM eher leise aus.

Berechtigt sind die Proteste allerdings, auch gegen den Weltfußbal­l. Nicht erst in der Wüste hat dieser sich von seiner Basis, den Fans, den Sportbegei­sterten, weit entfernt. Für Märchen ist er nicht gerade geeignet, sollte aber in Katar wenn er schon da ist zumindest den einen oder anderen positiven Akzent setzen. Uns dagegen kann die surreale WM auch Anstöße geben: Etwa dazu, eigene Investitio­nen zu hinterfrag­en. Das Handy etwa, oder viele Klamotten in unseren Shops, entstehen durch ausbeuteri­sche Praktiken bis hin zur Kinderarbe­it. Im Spätherbst 2022 mal auf Fair Play statt Black Friday setzen: Warum eigentlich nicht?

Stefan Wieczorek, Redakteur

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