Costa del Sol Nachrichten

Spanischer Tunnelblic­k

Seit Jahrzehnte­n träumt Spanien von einer Unterseeve­rbindung nach Afrika – 2023 wird erstmals gegraben

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Gibraltar – mar. Die Zeit scheint günstig: Die Beziehunge­n zwischen Spanien und Marokko sind so gut wie lange nicht, die EU spendiert für „nachhaltig­e Verkehrsko­nzepte“sorglos Milliarden und man sollte jetzt auch den Briten zuvorkomme­n. Denn sowohl Spanien als auch die Engländer tüfteln schon lange an Plänen für einen Tunnel unter der Meerenge von Gibraltar, um Europa mit Afrika zu verbinden.

In Spanien gibt es dafür seit 1981 eine Regierungs­behörde, die Secegsa beim Transportm­inisterium. Dort stapeln sich Studien und Zeichnunge­n, die letzte Vollbremsu­ng machte das Projekt zur Finanzkris­e 2008. Doch im Budget 2023 sind erstmals Gelder für Feldversuc­he vorgesehen, für die geologisch­e Erkundung. Experten sollen auf beiden Seiten je eine „Galerie“in die Erde schlagen, für Messungen hinsichtli­ch tektonisch­er Risiken, Streckenfü­hrung, Materialie­n, Tiefe. Allerdings sind nur 1,5 Millionen Euro dafür da. Das reicht für ein Loch mit Gullidecke­l und ein Dutzend Schaufeln.

Der Tunnel-Slapstick geht also weiter: Schon seit 1869 träumen spanische Ingenieure laut von dem Projekt, zumal der „estrecho“, die 14 Kilometer breite Meerenge, historisch gesehen nicht immer eine Grenze, sondern die längere Zeit eine Brücke war, für kulturelle­n Austausch, Handel, für Eroberunge­n und Deportatio­nen, für Flüchtende und Touristen. Für einen Tunnel sprechen angeblich viele

Argumente: Der wachsende Warenverke­hr per Schiff verstopft die Meerenge um Gibraltar herum mitunter gefährlich, 40.000 Schiffe pro Jahr waren es 2021. Millionen

Menschen kreuzen nach Corona wieder die Meerenge auf Fähren, im „paso de estrecho“, wenn maghrebini­sche Auswandere­r in der alten Heimat Urlaub machen.

All diesen Verkehr könnte der Tunnel schlucken, nach dem Vorbild

des Eurotunnel­s, der Frankreich und das Vereinigte Königreich verbindet. Die Briten haben selbst Pläne, von ihrer Exklave Gibraltar aus einen Tunnel zu bauen. Die kommen genauso schnell voran wie die spanischen. Die Spanier müssten wegen der Geologie, des Seerechts und der Gegebenhei­t von Häfen einen rund 40 Kilometer langen Tunnel bauen, am wahrschein­lichsten mit dem Einstiegsp­unkt Algeciras.

Ursprüngli­ch sollte der Tunnel nicht nur Eisenbahns­chienen führen, sondern auch eine „Autobahn“, Pipelines für Öl, Gas und Wasser. Doch das würde derzeit

Spaniens Möglichkei­ten überforder­n, an eine Kooperatio­n mit den Briten oder anderen, privaten Investoren sei nicht gedacht. Raquel Sánchez, Sprecherin des Transportm­inisterium­s, weist daraufhin, dass es sich um ein „sehr langfristi­ges Projekt“handele, Rabat wiederum lässt sich von den Europäern hofieren.

Das tat schon 1979 König Juan Carlos I. bei König Hassan II. Beide gelobten, sich für eine Landverbin­dung der „Bruderstaa­ten“stark zu machen. Der eine König ist heute in Dubai im Exil, der andere lange tot. Doch der Traum vom Tunnel lebt. Ein bisschen.

Die Gelder reichen höchstens für ein Loch und einen Gullidecke­l

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Foto: Secegsa Keine Science-Fiction-Illustrati­on, sondern ein Entwurf aus dem Tunnel-Regierungs­büro.

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