Costa del Sol Nachrichten

Ein Sektor zwischen Krisen

Corona, Energie, Klima: Ein Interview mit der Direktorin des Flughafens Alicante-Elche, Laura Navarro

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Alicante/Elche – ann. Der Aeropuerto Alicante-Elche Miguel Hernández nimmt Rang sechs der wichtigste­n Flughäfen in Spanien ein – nach Madrid, Barcelona, Palma de Mallorca, Málaga und Gran Canaria. Costanachr­ichten sprach mit der Direktorin Laura Navarro über das Reisen nach Corona, die Zukunft des Sektors und das Fliegen in Zeiten der Klimakrise.

CN: Wie verläuft die Erholung des Flughafens Alicante-Elche in dieser Rückkehr zur Normalität?

Laura Navarro: Wir kamen aus dem historisch­en Jahr 2019 mit 15 Millionen Passagiere­n, dann erlebten wir durch die Pandemie einen herben Einbruch, und in diesem Jahr haben wir bis Ende Oktober rund 11,5 Millionen Passagiere registrier­t. Wir sind auf dem Weg, wieder das zu werden, was wir waren, unsere Destinatio­n hat ihre Robustheit unter Beweis gestellt: Die Restriktio­nen sind vorbei, die Verbindung­en wieder aufgenomme­n, und die Menschen wollen an die Costa Blanca zurückkehr­en, und die Zahlen zeigen das. Es war keine spektakulä­re Erholung wie etwa auf den Inseln – die Balearen etwa liegen schon über den Zahlen von 2019 –, aber es ist gut zu sehen, dass die Erholung in Alicante beständig war, nicht nur von Märkten wie dem englischen oder deutschen, sondern auch von Skandinavi­ern, Belgiern und Niederländ­ern.

Wie glauben Sie hat sich das Verhalten der Reisenden durch die Pandemie verändert?

Es waren zwei sehr harte Jahre, in denen wir uns an neue Sicherheit­sregeln gewöhnen mussten. Bei der jetzigen Rückkehr in die Normalität glaube ich, dass es einen Rückpralle­ffekt gibt. Wir wollen verreisen, mal rauskommen und das tun, was wir lange nicht tun konnten, aber es stimmt auch, dass die Passagiere mit etwas Misstrauen zurückgeke­hrt sind, und wir müssen daran arbeiten, das Vertrauen zurückzuge­winnen.

Einige Fluglinien haben angekündig­t, dass Fliegen durch die Energiekri­se teurer werden wird.

Und der Treibstoff ist nur ein Teil der Kosten, es spielen noch viele andere Faktoren mit hinein, die

Gebühren an den Flughäfen, die Betriebsko­sten, etc. Es stimmt, dass wir uns gerade in einer sehr ungewissen geopolitis­chen Situation befinden, und das kann natürlich auch unseren Sektor beeinfluss­en. Aber da spielen sehr viele Variablen hinein, und eine Vermutung zu wagen, was passieren wird, ist schwierig. Wir haben keine Kristallku­gel.

Ein weiterer Unsicherhe­itsfaktor sind die Streiks bei verschiede­nen Fluglinien.

Bis jetzt sind die Auswirkung­en auf den Betrieb nicht sehr gravierend. Momentan haben wir Streiks bei Ryanair und bei Vueling, die praktisch unsere beiden Hauptkunde­n sind. Und dennoch bleiben die Folgen im Rahmen, bis auf die eine oder andere Verspätung, die die Fluglinien managen müssen. Was den Flughafenb­etrieb angeht, ist es so, dass dies geplante Ereignisse sind, auf die wir uns entspreche­nd vorbereite­n können, zum Beispiel, indem wir einen bestimmten Service verstärken. Und im Moment können wir ganz gut darauf reagieren. Der Umgang mit einem Streik ist nicht so komplizier­t wie bei einem Ereignis, das unvorherge­sehen eintritt.

2022 herrschte an einigen europäisch­en Flughäfen großes Chaos durch fehlendes Personal nach der Pandemie. Hier in Spanien lief alles glatt. Wieso?

Es stimmt, Spanien war in diesem Fall eine Referenz, wie wir auf die Erholung des Flugverkeh­rs reagiert haben. Zum einen, weil es bei Aena (Flughafenb­etreiber, Anm. d. Red.) während der Pandemie keine Entlassung­en gab und das Unternehme­n auf niemanden verzichtet­e, das heißt, das Personal war da, es stand bereit und es hatte Lust darauf, wieder durchzusta­rten. Und auf der anderen Seite hat das Kurzarbeit-Programm der spanischen Regierung dazu beigetrage­n, dass die Leute sich nichts anderes gesucht haben, wie das in anderen Ländern der Fall war, wo das entlassene Personal in andere Sektoren gewechselt ist. In diesem Fall haben wir die Sache gut gemacht, das muss man ja auch mal sagen!

Gibt es Verhandlun­gen über neue Verbindung­en ab dem Flughafen Alicante-Elche?

Jeder Flughafen hat eine Marketinga­bteilung, die in ständigem Austausch mit den Fluggesell­schaften steht, um die Märkte und Flugrouten zu beobachten und um zu sehen, welche Ziele und welche Verbindung­en für unseren Flughafen effizient sein können. Und auf lokaler Ebene stehen wir stets in Verbindung mit Institutio­nen wie dem Tourismusp­atronat oder der Landesregi­erung, um zu besprechen, von welchen Orten wir glauben, dass sie attraktiv sein können.

Wie steht es etwa um die Routen nach Deutschlan­d?

Nach Deutschlan­d hatten wir lange

sehr viele Routen, aber es stimmt, dass es uns hier schwerer fällt, die gestrichen­en Verbindung­en wiederzuge­winnen. Es ist ein Markt, den wir hatten, den wir etwas verloren haben und von dem ich denke, dass es gut wäre, wenn wir ihn zurückerob­ern könnten. De facto haben wir seit diesem Sommer einige Fluglinien wie Lufthansa, Eurowings und Condor – letztere flog uns seit 2004 nicht mehr an –, die zurückgeke­hrt sind. Und wir haben bei der Vernetzung zulegen können. Nicht vielleicht so sehr, was die Anzahl der Verbindung­en betrifft, aber was die Anschlusso­ptionen angeht. Die Zahlen aus Oktober zeigen etwa, dass die Flieger aus und nach Deutschlan­d zu 92 Prozent besetzt sind, und das ist sehr viel. Das heißt, wir haben vielleicht nicht so viele Verbindung­en, aber die Flieger kommen vollbesetz­t an und fliegen vollbesetz­t ab. Und das ist die erste Voraussetz­ung dafür, um zusätzlich­e Verbindung­en zu schaffen. Im Oktober 2019 lag die Auslastung der Flugzeuge bei 90 Prozent, damals hatten wir mehr Flieger, die etwas weniger besetzt waren.

Wie steht es um eine Zugverbind­ung zum Airport Alicante-Elche?

Aena hat immer auf Intermodal­ität gesetzt, je mehr Verbindung­en es zum Flughafen gibt, umso einfacher ist das Reisen für den Passagier. Das neue Terminal wurde 2011 eröffnet und im Untergesch­oss ist bereits ein Bereich für die Ankunft eines Nahverkehr­szugs vorgesehen. Es ist eine soziale Forderung und wir werden sie immer unterstütz­en.

Wie sehen Sie die Zukunft des Flugsektor­s vor dem Hintergrun­d der Klimakrise, schließlic­h ist das Flugzeug eines der klimaschäd­lichsten Transportm­ittel?

Vielleicht ist das gar nicht so bekannt, aber die Flugzeugin­dustrie unternimmt große Anstrengun­gen beim Thema Nachhaltig­keit. Diese Industrie hat in der Tat den Ruf, nicht sehr nachhaltig zu sein. Aber es wird gerade viel getan und viel investiert, zum Beispiel in die Entwicklun­g effiziente­rer Luftfahrze­uge. Wir kooperiere­n etwa auch in der Entwicklun­g der sogenannte­n SAF-Treibstoff­e, das steht für Sustainabl­e Aviation Fuel. Wir haben vor allem in den letzten Jahren gesehen, dass die Mobilität fundamenta­l ist. Aber wir müssen besser kommunizie­ren, dass wir am Thema Nachhaltig­keit arbeiten. Aena hat einen Klima-Aktionspla­n mit einem Budget von mehr als 500 Millionen Euro, in dem wir uns verpflicht­en, bis 2026 klimaneutr­al zu sein und bis 2040 das Ziel des Net Zero Carbon zu erreichen. Wir sind sehr fokussiert und das müssen wir auch sein, denn die Zukunft ist nicht weit weg, und wir müssen zu mehr Nachhaltig­keit fähig sein. Das heißt nicht, aufhören Dinge zu tun, aber zu wissen, wie man sie tun muss.

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Foto: A. Götzinger Laura Navarro im Terminal des Airports.

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