Costa del Sol Nachrichten

Der Schuh-Gott

Manolo Blahnik wird 80 – Ein Einblick in das Wirken des Mannes, der sich den „Extremität­en“schöner Frauen widmete

- Von Emilio Rappold (dpa) Madrid

Schuhdesig­ner Manolo Blahnik ist eine lebende Legende. Seinen immensen Erfolg verdankt er nicht nur seinem Talent, sondern auch die Kultserie „Sex and the City“mit Sarah Jessica Parker verhalf ihm zu seinem Aufstieg vom erfolgreic­hen Schuhdesig­ner zur Mode- und Popkultur-Ikone.

Sarah Jessica Parker oder Carrie, wie sie in der Serie hieß, machte die „Manolos“Ende der 1990er Jahre zum begehrten Objekt vieler Frauen weltweit. Und Blahnik wurde zum „Schuh-Gott“– wie auch die „Washington Post“den stets bescheiden, selbstiron­isch und redselig auftretend­en Mann nennt.

Am Sonntag wurde der Spanier 80. Aber an die Rente denkt der Mann noch lange nicht. „Ich bin ein Workaholic“, sagte er. „Ich werde nie müde, etwas zu kreieren. Werde nie aufhören, neue Dinge zu erforschen.“

Blahnik wurde am 27. November 1942 auf der Kanaren-Insel La Palma als Sohn eines tschechisc­hen Einwandere­rs, der einige Jahre zuvor aus Prag vor den Nazis geflohen war, und einer Spanierin geboren. Die Eltern betrieben dort eine Bananen-Plantage. Und dort soll der kleine Manolo aus Schoko-Alufolie bereits Schuhe für Eidechsen gebastelt haben.

Der Weg schien früh vorgezeich­net. Dennoch versichert der Nobelschus­ter auf der Homepage seines Unternehme­ns, dass er nur „durch Zufall“Schuhdesig­ner geworden sei. Warum? Nun, zunächst studierte er Jura in Genf. Anschließe­nd ging er nach Paris, besuchte Architektu­r- und Literatur-Kurse, dann zog der umtriebige junge Mann Ende der 1960er Jahre nach London um, arbeitete dort als Fotograf und Model und berichtete für die Italien-Ausgabe der „Vogue“. Sein Traum war es aber, Bühnenbild­ner zu werden.

Dann kam der erwähnte „Zufall“ins Spiel: Bei einem Treffen mit Diana Vreeland in New York zeigte er der US-Modedesign­erin seine Zeichnunge­n für Theaterkos­tüme. Ihr „Urteil“, wie Blahnik mehrfach erzählte: „Junger Mann, konzentrie­ren Sie sich auf die Extremität­en. Machen Sie Schuhe!“

Der Spanier ließ sich das nicht zweimal sagen. Er eröffnete 1971 im Londoner Szene-Viertel Chelsea seinen ersten Schuhladen – der aufgrund seines großen Freundeskr­eises bald zum Treffpunkt der Stars und Sternchen des „Swinging London“wurde. Models, Künstler, Autoren – und auch der damalige Liebling der Modeszene, Ossie Clark, der ihn bald mit dem Entwurf einer Kollektion beauftragt­e. „Das hätte das Ende meiner Karriere sein können“, weiß Blahnik.

Er habe damals vergessen, die Gummi-Highheels mit Stahl zu verstärken. Die Models hätten kaum gehen können, seien fast umgefallen. „Für mich war es ein Desaster, aber die Menschen haben begeistert geklatscht.“Von da an ging es nur bergauf. 1977 ritt Bianca Jagger auf einem Schimmel

mit Blahnik-Schuhen in den legendären New Yorker Nachtclub Studio 54. Die Liste der berühmten Kundinnen wurde immer länger: Lady Di, Lauren Bacall, Topmodels wie Linda Evangelist­a, Kate Moss und Naomi Campbell, die sagte: „Manolo ist der König der Schuhe“. Blahnik arbeitete in den 1980er und 1990er Jahren auch mit fast allen wichtigen Designern zusammen – wie etwa Oscar de la Renta oder Calvin Klein.

Er verdiente viel Geld, war mehr als zufrieden. Doch der Mann, der „den Ruhm überhaupt nicht mag“und sich nichts aus Geld macht ahnte da noch nicht, dass alles noch mehrere Nummern größer werden würde. Im Juni 1998 wurde in den USA die erste Folge von „Sex and the City“ausgestrah­lt. Es gab kaum eine Folge, in der die „Manolos“nicht enthusiast­isch erwähnt wurden. Carrie verglich den Besuch des BlahnikSho­ps sogar mit einem „religiösen Erlebnis“. Das „Manolo-Fieber“brach aus. Immer mehr Frauen träumten davon, sich die rund 400

bis 4.000 Euro teuren Schuhe zu kaufen, selbst wenn mal – wie bei Carrie – das Geld für die Miete knapp wurde.

Die „Manolos“wurden zu einem Begriff. Die Liste der anonymen und der berühmten Trägerinne­n wurde länger und länger: Nicole Kidman, Uma Thurman, Victoria Beckham, Michelle Obama, Rihanna, Kate Middleton, Meghan Markle, Königin Letizia, Jennifer Aniston. Und Blahnik wird irgendwann auch als Künstler anerkannt. 2003 kam er als erster Schuhdesig­ner zu der Ehre einer Ausstellun­g im Londoner Design Museum.

Er entwarf auch Schuhe für Filme, etwa für Sofia Coppolas „Marie Antoinette“oder zuletzt für „Elvis“. Doch was ist dran an den Stilettos und Flats des Manolo Blahnik? Sie seien nicht nur sexy, sondern auch bequem und zeitlos, heißt es. „Vogue“-Chefin Anna Wintour, die nur Schuhe des Spaniers trägt, sagt im Dokumentar­film „Manolo – The Boy Who Made Shoes For Lizards“(2017):

„Er sieht es als seine Pflicht an, dafür zu sorgen, dass Frauen schön aussehen und sich in ihren Schuhen wohlfühlen. Das ist sehr rührend“. Blahnik zeichnet mit seinen weißen Handschuhe­n weiterhin alle Entwürfe selbst und lässt sich dabei von der Natur, von Filmen, Architektu­r, Kunst und Literatur inspiriere­n.

Erfolgreic­her denn je

Immer mehr Frauen träumten davon, sich Manolos zu kaufen

Seit jeher findet die Produktion in der Nähe Mailands statt. Und auch wenn einige Carrie vielleicht vergessen haben mögen: Mit Unterstütz­ung seiner in Köln geborenen Nichte Kristina (48) – seit 2013 CEO im Familien-Unternehme­n – verkauft Blahnik jedes Jahr mehr Schuhe. 2021 erzielte man einen Rekordumsa­tz von 69,9 Millionen Euro, 65 Prozent mehr als 2020. Inzwischen gibt es auch Schuhe für Männer und eine Zusammenar­beit mit Birkenstoc­k. Und wie sieht die Zukunft aus? Er wolle weiter arbeiten, bis er umfalle, betonte er. „Meine größten Erfolge liegen noch vor mir“, sagte er.

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Fotos: Manolo Blahnik Manolo Blahnik weiß wie kein anderer, was Frauenfüße glücklich macht.
 ?? ?? Mit Bianca Jagger.
Mit Bianca Jagger.

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