Gemeinsam an einem Strang
Dritter Haushalt in Folge: Spaniens Regierung bringt Regionalparteien auf ihre Seite
Madrid – sk. Wieder hat die Regierung bewiesen: Auch völlig unterschiedliche Kräfte können an einem Strang ziehen. In einer Mammutsitzung verabschiedete die Minderheitsregierung aus Sozialisten und Unidas Podemos mit der Unterstützung der Regionalparteien und einer Mehrheit von 187 zu 156 Stimmen den Haushaltsentwurf für 2023 und reichte ihn an den Senat weiter. Damit watschten zwölf Parteien den Rechtsblock aus Volkspartei, Ciudadanos und Vox ab, der seit dem Debakel um das „Nur ein Ja ist Ja“-Gesetz mit einem Misstrauensvotum herumlaviert. Den konservativen Block erinnerte ein euphorischer Ministerpräsident Pedro Sánchez daran, dass diese Allianz zwölf Millionen Wählerstimmen repräsentiert – deutlich mehr als die 6,8 Millionen, die den Sozialisten ihre Stimme gaben.
„Es ist ein Sieg der Verständigung der Unterschiedlichen, des Dialogs, der nützlichen Politik, die in Zeiten des Kriegs und der Unsicherheit das Gemeininteresse in den Vordergrund stellt, um die soziale Mehrheit zu schützen“, sagte Sánchez und positionierte sich mit einer klaren Botschaft. Die Sozialisten und Podemos können mit allen Parteien Allianzen schmieden, die drei rechten Parteien können nur unter sich Einigungen erzielen und erreichen damit nur 156 Mandate – für die Mehrheit fehlen 20.
Allerdings überschütteten baskische und katalanische Separatisten, kleine Regional- und Linksparteien die Regierung nicht umsonst mit ihrer Gunst. Die konservative Opposition rieb es der Regierung unter die Nase, dass sie den Haushalt mit Zugeständnissen an Parteien verabschiedete, von denen einige sich für die Loslösung von Spanien einsetzen. So musste die Regierung die Autonomierechte in
Katalonien und im Baskenland stärken, etwa bei der Verwaltung der Zahlung des Mindesteinkommens oder bei den Beitragszahlungen in die Seguridad Social.
In Navarra muss die Guardia Civil beispielsweise die Verkehrsüberwachung an die dortige Polizei abgeben. Die Katalanen schafften es zwar wieder nicht, die Kontrolle über den Renfe-Nahverkehr auf der Schiene zu übernehmen, aber die Republikaner der ERC heimsen für ihre 13 Mandate die Zusage für großzügige Investitionen in Höhe von 900 Millionen Euro ein. Und natürlich wird das Aufruhr-Gesetz reformiert.
Die Europäische Kommission nahm den Haushalt bereits unter
die Lupe und winkte ihn mit erhobenem Zeigefinger durch. Mit 266,7 Milliarden Euro sprengt Spanien alle bisherigen Etats für Soziales, die 58 Prozent der Gesamtausgaben ausmachen. Die „Stärkung des Wohlfahrtsstaates“sowie der Mittel- und Arbeiterklasse erklärte die Regierung zu ihren Hauptzielen, wobei auch der Verteidigungsetat wegen des Ukraine-Kriegs um 25 Prozent aufgestockt wird.
Laut EU müssten die Maßnahmen gegen die Energiekrise stärker auf Haushalte und Betriebe gemünzt werden. Dazu gehören die Anhebung des Grundeinkommens ebenso wie die Beschränkung der Mieterhöhungen auf zwei Prozent bei bereits bestehenden Mietverhältnissen. Auch müssten diese Hilfsmaßnahmen sofort zurückgenommen werden, sobald die Inflation nachlasse. Auch Spanien lebt mit einer Staatsverschuldung von
Zugeständnisse an Separatisten und hohe Sozialausgaben
120 Prozent seines Bruttosozialprodukts über seine Verhältnisse und das Haushaltsdefizit für 2023 wird bei 3,9 Prozent angepeilt.
Der Haushalt dient der Regierung als Steilvorlage, um noch vor Jahreswechsel die umstrittenen Gesetze durchzuboxen und sich im Wahljahr 2023 den Rücken freizuhalten. Es gehen noch die Reform des Strafrechts und des Artikels des Aufruhrs durch, das Transsexuellen-Gesetz vielleicht mit Ach und Krach, das Tierschutzgesetz, das Wohnungsgesetz und das Gesetz zur Bürgersicherheit – im Volksmund auch Knebelgesetz genannt. Geht die Taktik auf, macht die Regierung 2023 mit großen Investitionen und der Verteilung der EU-Fondsgelder auf sich aufmerksam. Bleibt abzuwarten, ob diese Strategie schlagkräftig genug ist, um den seit der Andalusienwahl verlorenen Boden bis zur Kommunalwahl wieder gutzumachen.