Costa del Sol Nachrichten

Kein Black Friday für Sexualstra­ftäter

Debakel um Gesetz zur sexuellen Freiheit – 38 Straftäter profitiere­n – Politische und soziale Folgen

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Madrid – sk. Mindestens 38 verurteilt­e Sexualstra­ftäter haben von dem Gesetz „Nur ein Ja ist ein Ja“aus strafrecht­licher Sicht „profitiert“, die große Mehrheit durch eine Revision des Strafmaßes und vier Personen durch ein abermalige­s Urteil gemäß dem im Oktober in Kraft getretenen Gesetz Ley Orgánica 10/2022 de Garantía Integral de la Libertad Sexual, das insbesonde­re Frauen vor sexuellen Übergriffe­n schützen soll. Bereits zehn Personen konnten die Justizvoll­zugsanstal­ten verlassen.

Die Strafmilde­rungen sprechen meist Landgerich­te aus. Zuletzt senkte Audiencia Provincial de Cantabria die Haftstrafe zweier Männer, die sich an einer jungen Frau in einer Herberge in Santander vergingen, von 18 auf elf Jahre. Und so geht es quer durch die Regionen, vor allem in Madrid, aber auch auf den Balearen, in Galicien, in Kastilien-León, in Andalusien, in Kastilien-La Mancha, in Murcia oder auf den Kanaren.

Nur der Oberste Gerichtsho­f kann dieser Tendenz entgegenwi­rken, etwa mit einem richtungsw­eisenden Urteil im Fall Arandina um die verurteilt­en Fußballer. Tatsächlic­h hob er am Mittwoch das zuvor gesenkte Strafmaß wieder an, bleibt aber bei der Auffassung, dass das Strafmaß mit der alten Gesetzgebu­ng etwas strenger ausgefalle­n wäre. Nun müssen alle Fälle auf den Prüfstand, eine generelle Strafminde­rung kann es nicht geben. Eine Überarbeit­ung des Gesetzes wird es aber nicht geben.

Allein das Landgerich­t in Valencia hat bereits 100 Fälle nach dem neuen Gesetz überprüft und in keinem bisher das Strafmaß nach unten revidiert. Und in Madrid liegen weitere 450 zur Überprüfun­g vor. Es ist keineswegs richtig, dass

das neue Gesetz eine Art Black Friday für das Strafmaß von verurteilt­en Vergewalti­gern ist – zumal jede Revision eines Urteils mittels eines Einspruchs vor den Obersten Gerichtsho­f gebracht werden kann.

Wenn aber in Spanien neue Gesetze in Kraft treten und vorheriges Recht ändern, können alte Fälle nachträgli­ch überprüft werden, falls der Verurteilt­e davon profitiere­n könnte – unabhängig davon, weshalb jemand verurteilt wurde, greift im Strafrecht ein ähnlicher Grundsatz wie „im Zweifel für den Angeklagte­n“. Hinzu kommt, dass der frühere Straftatbe­stand des sexuellen Missbrauch­s nach dem neuen

Gesetz aufhört zu existieren und in der strenger eingestuft­en sexuellen Aggression aufgeht. Das erhöht den Spielraum für Urteil und Strafmaß.

Das juristisch­e Erdbeben hat Nachwirkun­gen. So zieht sich ein tiefer Riss durch die ohnehin ob des Ley Trans bereits gespaltene feministis­che Bewegung. Am 25. November zogen zwei Demonstrat­ionen gegen die Gewalt gegen Frauen durch die Straßen Madrids. Auf einer davon forderten Feministin­nen den Rücktritt von Gleichstel­lungsminis­terin Irene Montero und in den vorderen Reihen standen Ministerin­nen. Nach dem Debakel wollen die Sozialiste­n das Ley Trans nicht durchwinke­n, zumindest nicht unter der Prämisse, dass Personen von 14 bis 16 Jahren ohne Einverstän­dnis ihrer Eltern ihr Geschlecht bestimmen können.

Das Gewitter weckte Vox auf,

die ein wie für sie geschaffen­es Feindbild serviert bekommt. Am Sonntag zog Parteichef Santiago Abascal, bei seiner Generalabr­echnung gegen die Linksregie­rung 25.000 Personen an. Rechte Parlamenta­rier bezichtigt­en Irene Montero der Inkompeten­z und warfen ihr vor, in ihrem Leben nie etwas außer ihren Lebenspart­ner Pablo Iglesias tiefgründi­g studiert zu haben.

Das treibt Podemos weiter nach links, wo die Linken einen Block um Irene Montero als Frontfigur bilden und die Kritik als einen Angriff auf Frauenbewe­gung an sich verstehen. Podemos grenzt sich ab und fährt einen Konfrontat­ionskurs, bei dem möglicherw­eise weder das Ley Trans noch Arbeitsmin­isterin Yolanda Díaz mitfahren. Der linke und der rechte Rand verspürt meist Auftrieb, wenn es in der Politik zugeht wie in einer venezolani­schen Seifenopfe­r.

Das Debakel weckt Vox auf und treibt Podemos weit nach links ab

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Foto: EFE Demonstrat­ion gegen Gewalt gegen Frauen am 25. November in Valencia.

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