Jetzt kommt Sánchez an die Reihe
König Felipe VI. beauftragt Sozialisten mit Mehrheitssuche nach Scheitern von Alberto Núñez-Feijóo
Madrid – sk. Der Countdown für den zweiten Versuch einer Regierungsbildung in Spanien läuft. König Felipe VI. hat am Mittwoch nach einer abermaligen Konsultierungsrunde den geschäftsführenden Ministerpräsidenten Pedro Sánchez (PSOE) beauftragt, eine Mehrheit für die Bildung einer Regierung zu suchen. Zuvor scheiterte der konservative Aspirant Alberto Núñez Feijóo am Freitag endgültig im zweiten Versuch mit 173:177 Stimmen (bei einem ungültigen Votum, also eigentlich 172:176), unter den 350 Parlamentariern Unterstützung für eine konservative Regierung zu finden.
Sánchez nahm die sicherlich nicht leicht zu erfüllende Mission „mit Freude an“und warf gleich bei ersten offiziellen Sondierungsgesprächen das Lot für eine Neuauflage einer Linkskoalition aus. Sicher in der Tasche hat der 51Jährige die Ablehnung der konservativen Volkspartei, der Rechtspartei Vox und der Regionalpartei aus Navarra UPN, die Unterstützung aller anderen Formationen gilt es noch auszuhandeln.
Das Parlament muss nun den Termin für die Abstimmung über die Kandidatur des 51-jährigen sozialistischen Politikers festlegen. Wieder benötigt Sánchez im ersten Wahlgang eine absolute Mehrheit, im zweiten reichen mehr Ja- als Nein-Stimmen. Wenn bis 27. November kein neuer Ministerpräsident gefunden wird, müssten die Spanier am 14. Januar erneut wählen. Die EU-Ratspräsidentschaft Spaniens bis zum 31. Dezember würde von der politischen Ungewissheit und Wahlkampfgebahren überschattet werden.
Pedro Sánchez schnitt bei der Parlamentswahl schlechter ab als Feijóo. Trotzdem werden ihm größere Chancen eingeräumt, weil die Sozialisten mit zwar nur 122 Mandaten
plus den 31 von Sumar dialogfähiger mit kleinen Regionalparteien sind als die konservative PP mit Vox. Mit den Rechtspopulisten will kaum eine Regionalpartei kooperieren. Sánchez aber steht so schwach auf der Brust da, er braucht die Unterstützung nahezu aller kleiner Parteien, um die Opposition des Rechtsblocks zu übertrumpfen. Das könnte weitreichende Zugeständnisse nach sich ziehen.
Der PSOE-Generalsekretär benötigt aus Katalonien die Stimmen der linken Partei ERC des katalanischen Regierungschefs Pere Aragonès sowie der liberal-konservativen und völlig unberechenbaren Partei Junts, die von dem Justizflüchtling und Separatistenführer
Carles Puigdemont aus Waterloo ferngesteuert wird. Beide streben die Unabhängigkeit Kataloniens an und fordern eine Amnestie für alle Separatisten, die am gescheiterten Abspaltungsversuch vom Herbst 2017 teilnahmen. Diese AmnestieRegelung würde Sánchez wohl auch gegen den innerparteilichen Widerstand der alten Garde um Felipe González und trotz bereits anberaumter Demonstrationen von PP und Vox mittragen – sollte sie mit der Verfassung vereinbar sein. „Uns stehen Wochen dunkler Verhandlungen und Lügen bevor“, orakelte Alberto Núñez Feijóo.
Anders als bei der Amnestie sieht es bei der vom katalanischen Landtag verabschiedeten zweiten Forderung der Separatisten nach Unterstützung für ein Unabhängigkeits-Referendum aus. „Der Landtag tritt dafür ein, dass die politischen Kräfte aus Katalonien mit Vertretung im spanischen Parlament
nur eine Regierungsbildung unterstützen, falls die künftige Regierung sich verpflichtet, sich darum zu bemühen die Konditionen zu schaffen, die die Abhaltung eines Referendums ermöglichen“, heißt es in der Erklärung. Das ist noch nicht einmal mit den katalanischen Sozialisten zu machen und würde mit großer Wahrscheinlichkeit Neuwahlen zur Konsequenz haben.
PP nun in Oppositionsrolle
PSOE und Sumar gelten als dialogfähiger als PP und Vox
Eine weitere Überlegung könnte auch eine Rolle spielen. Der PPAspirant hat die Wahl zum Regierungspräsidenten zwar verloren, konnte die Debatten aber durchaus nutzen, um seine Führungsposition in der eigenen Partei zu stärken. Damit hat er keine schlechte Ausgangsposition in der neuen Legislatur, sei es als Chef der Opposition oder als Spitzenkandidat im hypothetischen Falle von Neuwahlen.