Liebe Leser,
„Hier ist ja mehr los als beim Dreikönigsumzug“, staunt eine Verkäuferin aus einem Geschäft an der Plaza, auf der an diesem Abend der Weihnachtsbaum angeknipst wird und die
Menschen sich in Massen versammelt haben.
So wie dieser Tage in vielen spanischen Orten.
Die Lust auf Weihnachten ist offenbar mit voller Wucht ausgebrochen. Zumal auch endlich die Temperaturen mitspielen. Eine Woche früher wäre es schon schwieriger gewesen, die
Menschen in Spanien bei über 25 Grad in Feststimmung zu bringen.
Allerdings: Braucht es nicht noch etwas mehr als Lichter, Winter-Ambiente und Kerzenschein, um wirklich in Weihnachtsstimmung zu kommen? Kann man überhaupt mit gutem Gewissen Geschenke ein- und auspacken, wenn andernorts zwei Kriege ohne Aussicht auf ein friedliches Ende dem Fest der Liebe trotzen und zehntausendfach Leid und Tod bringen? Und apropos über 25 Grad: Auch die ständigen Meldungen vom Weltklimagipfel lassen nicht gerade die Glocken klingen. Dabei ist es doch jetzt auch in Spanien wieder kälter, also nur keine Klima-Panik, und in Deutschland gibt es sogar Schnee. Kann man denn nicht einfach mal in Ruhe genießen?
Das ist die Frage: Können, dürfen wir noch genießen? Und wenn ja, wie? Indem wir die schlechten Nachrichten ausschalten, sobald wir die Weihnachtsbeleuchtung anschalten? Ist es erlaubt, wegzuschauen? Bringt es irgendjemandem etwas, hinzuschauen? Entscheiden muss das wohl jeder für sich. Aber dass Weihnachten nicht mehr das sein kann, was es vor 20 Jahren einmal war, ist klar. Da hilft auch das Wegschauen nichts.
Und noch etwas: Weihnachten ist auch das Fest der Kinder. In Spanien wird das ganz besonders am Dreikönigstag deutlich. Nun sind aber gerade Kinder einerseits am allerwenigsten für Kriege und Klimawandel verantwortlich, andererseits werden aber gerade sie am meisten darunter leiden beziehungsweise tun das schon längst. Auch da hilft Wegschauen nichts. Aber vielleicht darf man ab und zu die kleinen Kinderaugen zuhalten. Sie müssen nicht alles sehen. Vor allem nicht an Weihnachten.