Zwischen Aufarbeitung und Polizeischutz
Spanien fördert jüdisches Erbe – aber Antisemitismus ist nicht besiegt
sw. Ein goldenes Zeitalter ist für Spaniens Juden zwar noch fern. Doch polierte das Land Sepharad in den vergangenen Jahren viele Spuren der jüdischen Kultur frei. Eine positive Aufarbeitung stellt das Netzwerk Red de Juderías mit Pfaden durch historische jüdische Bezirke in Córdoba, Lorca oder Toledo dar (neues Portal „Caminos de Sefarad“auf redjuderias.org).
Die Vertreibung der Juden 1492 unter den Katholischen Königen bleibt jedoch eine Bürde. Vor allem, da sie nicht als gesonderte Episode einer bestimmten Zeit gesehen werden kann. Vielmehr zieht sich der Antisemitismus – in immer neuen Formen, aber mit ähnlichen Mustern – durch Spaniens Geschichte.
Hier förderte die Kirche lange eine Judenfeindlichkeit. Bald nachdem sie sich als Religion vom Judentum abgegrenzt hatte, interpretierte sie, nun den Status des von Gott erwählten Volkes selbst zu tragen. Ein fataler Schluss – vor allem, als das Christentum zur politischen Staatsreligion wurde. Juden wurden in Spanien so diskriminiert, dass sie die Mauren sogar als Befreier ansahen. Dies wiederum stärkte über Jahrhunderte die alte Legende einer jüdischen Verschwörung. Bis in Zeiten der Katholischen Könige.
Und sogar bis Franco, der allerdings keinen Holocaust betrieb und tausende jüdische Flüchtlinge durch Spanien passieren ließ. Mit der Katholischen Kirche sei die Beziehung nach dem 2. Vatikanischen Konzil heute „herzlich, stabil, gut“, erklärt die jüdische Sprecherin María Royo. Die Regierung dagegen biete Schutz vor Antisemitismus, aber: „Dass die Religion der Juden die einzige ist, die Polizeischutz braucht, gibt zu denken“.