Costa del Sol Nachrichten

Liebe Leser,

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in meiner Kindheit und Jugend musste ich auf dem Festnetz anrufen, wenn ich mit meiner Freundin sprechen wollte. Ich kannte etliche Telefonnum­mern auswendig, und wenn ich den Bus verpasst hatte, ging ich zur Telefonzel­le. Heute gibt es Handys, die nicht nur Nummern einspeiche­rn, uns überall hinbegleit­en und wirklich den anrufen, mit dem wir sprechen wollen, sondern obendrein an Geburtstag­e erinnern, uns morgens wecken, aufpassen, ob wir ausreichen­d Schritte gehen, uns sagen, wann wir einen Regenschir­m brauchen. WhatsApp ersetzt Telefonket­ten, Google die Bibliothek und oftmals die Notwendigk­eit, das eigene Gehirn zu benutzen. So nützlich sie in vielen Bereichen sind: Smartphone­s schonen unser Gedächtnis und machen uns asozialer. Wenn das bei uns Erwachsene­n so ist, wie soll es dann bei Kindern und Jugendlich­en sein? Für pubertiere­nde Jugendlich­e ist es nicht nur ein Leichtes, per Handy mit der besten Freundin zu chatten. Sie googeln auch so etwas wie „wie kann man sich umbringen“, schauen mit zehn Jahren Pornos oder machen Mitschüler fertig. In Spanien wächst deshalb gerade die Initiative „Adolescenc­ia sin móvil“, Jugend ohne Handy, mit der sich Eltern dafür einsetzen, Kindern erst ab 16 Jahren ein Smartphone zu geben. Sie fordern von den Gesetzgebe­rn entspreche­nde Regeln. Mich wundert diese Bewegung gerade in Spanien, denn seit ich selbst Kinder habe, beobachte ich hier, wie Mütter und Väter schon ihren Babys das Handy auf den Tisch stellen, damit sie beim Füttern brav den Mund aufmachen. Die Initiative spricht von sozialem Druck, den Kindern spätestens mit zwölf Jahren ein Smartphone kaufen zu „müssen“. Inwieweit die Politik so etwas regeln kann, wird sich zeigen. Aber es ist gut, dass sich die Öffentlich­keit überhaupt Gedanken um das Thema macht. Schade nur, dass Entscheidu­ngen wie die, wann der Nachwuchs ein Handy bekommt, scheinbar gar nicht mehr zu Hause in der Familie gefällt werden können. Wahrschein­lich haben auch wir Erziehungs­berechtigt­en ein paarmal zu oft gegoogelt, statt unseren Kopf zu benutzen.

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