Leere Hallen, volle Theken
Das Weihnachtsgeschäft der Markthallen in Dénia und Alicante lässt noch auf sich warten
Belinda Klostermann Dénia / Alicante
Die Halle ist leer, doch die Büchlein sind gefüllt mit Vorbestellungen.
schon einkaufen und einfrieren, doch das sind eher einzelne ältere Leute mit einem begrenzten Budget. Den meisten sind die Preise an Weihnachten egal, sie wollen für ihr Fest das Beste und zahlen jeden Preis“, erzählt der Metzger und zeigt zum Beweis auf zwei Ringordner, die voller Vorbestellungen für die Feiertage sind. Vorausschauen tun seine Kunden, sie haben
schon vor langer Zeit ihre Bestellung aufgegeben, doch kaufen werden sie es erst an Weihnachten und zahlen dann auch den vollen Preis mit Festtagszuschlag. Laut Pérez sind Kalbshaxen und Rinderfilet die Spitzenreiter dieser Tage, doch auch mit Dörrfrüchten gestopfte Hähnchen und Truthähne sind sehr gefragt.
In der Markthalle von Alicante sieht das Panorama anfangs der Woche ähnlich aus, volle Auslagen und wenige Kunden. Selbst die kitschige Weihnachtsbeleuchtung macht nicht so richtig Stimmung. „Vereinzelte Kunden kommen schon jetzt ihr Fleisch einkaufen, vor allem die mit den Sonderwünschen. Sie befürchten, dass sie es kurz vor den Feiertagen nicht mehr bekommen und kaufen schon jetzt, aber die meisten holen ihr Fleisch erst kurz vorher“, bestätigt Cyntia Carrasco die Aussage von Pérez. „Wir haben hier ein sehr durchmischtes Publikum und verkaufen daher allerlei. Die Spanier wollen vor allem Lamm und Zicklein, die Latinos Schwein und die Franzosen begnügen sich mit nichts Geringerem als Rindsfilet oder Entrecôte“schildert die hiesige Metzgerin.
Carrasco hat gerade die Hände voller Hackfleisch, sie formt die Hackbällchen für die alicantinische Spezialität „estofado de pava negra“. Der schwarze Truthahn, der
Früher waren die Lokale an Weihnachten geschlossen und es wurde zu Hause gekocht
für diesen Eintopf verwendet wird, ist zum Beispiel eine dieser Spezialbestellungen, die zwar vorhanden, jedoch begrenzt sind. „Wer nicht frühzeitig zugreift, muss sein Weihnachtsessen umplanen“, lächelt Carrasco schelmisch.
Vor einigen Jahren, als das mit dem Tierschutz noch nicht aktuell war, kochten die Alicantiner den „estofado de pava borracha“, – Eintopf des betrunkenen Truthahns – dazu wurden die Schwarzen Truthähne bereits im Frühling vor der Schlachtung präpariert, in dem sie ihm täglich in Wein getränktes Futter gaben und somit den Truthahn bei „lebendigem Leibe marinierten“. Heute ist diese Prozedur natürlich verboten und wird von manchen Köchen geschmacklich nachgeahmt, indem das Fleisch vor dem Garen einige Stunden in Cognac oder Brandy eingelegt wird.
Festessen im Wandel der Zeit
„Jetzt ist die Ruhe vor dem Sturm, nächste Woche kommen dann alle auf einmal“sieht Antonia Puig schon voraus. Das hat sich auch in den 40 Jahren, in denen Puig den Fischstand in der Dénianer Markthalle betreibt, kaum verändert. „Die Meeresfrüchte sind das Einzige, was viele Kunden schon vor Wochen gekauft haben. Der restliche Fisch wird frisch geholt, egal zu welchem Preis“erklärt Puig. Seeteufel, Seehecht und Wolfsbarsch sind die Topseller unter den Meeresspezialitäten, die entweder ganz im Ofen gegart oder als Eintopf serviert werden. Der „suquet de peix“, – der traditionelle Fischeintopf mit Tomaten und Kartoffeln – der zu Beginn ein Resteessen für Fischer war, wird heute bei vielen Spaniern mit hochwertigem Fisch aufpoliert und über die Feiertage als wahrer Gaumenschmaus serviert.
Metzger Pérez und Fischhändlerin Puig, die beide seit über vier Jahrzehnten die Stellung im Mercado halten, sind überzeugt, dass ihre Kunden heute viel weniger auf die Preise achten und auch viel mehr kaufen als früher. Dennoch sind die Verkaufszahlen zurückgegangen. Grund dafür: Es wird weniger selbstgekocht. „Früher waren die Lokale an Weihnachten geschlossen und die Mütter und Großmütter haben zu Hause für die Familie gekocht. Heute bleiben viele an Heiligabend daheim und gehen am 25. ins Restaurant. Außerdem wird viel mehr Essen schon vorgefertigt gekauft“, beteuert Pérez.
Vor allem in den jetzigen Zeiten der Inflation sollte man meinen, dass bei der Weihnachtsopulenz reduziert oder zumindest eingespart wird, doch die Realität sieht anders aus. Wie jedes Jahr werden sich die Hallen kurz vor den Feiertagen mit kauffreudigen Kunden füllen, die viel zu viel und viel zu teuer einkaufen und zumindest für ein paar Tage, allfällige Geldsorgen beiseitelegen.