Costa del Sol Nachrichten

Zwischen Dürre und Spekulatio­n

Olivenernt­e 2023/24: Nachhaltig­e Bauern mit Rücken zur Wand – Polizei warnt vor Gepansche

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Jaén – mar. Spanien ist der weltgrößte Produzent von Olivenöl, Andalusien allein produziert mehr als doppelt so viel wie der Rest Spaniens zusammen. Zwar wird in der jetzt startenden Erntesaiso­n ein Plus von sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr erwartet, doch jenes lief so schlecht, dass 2023/24 immer noch die zweitschle­chteste Olivenernt­e seit 45 Jahren ergeben wird. In ganz Spanien werden rund 700.000 Tonnen Oliven für die Ölprodukti­on erwartet, 550.000 Tonnen davon aus den Olivenmeer­en von Jaén bis Huelva, wo geschätzt knapp zwei Millionen Olivenbäum­e stehen.

Mit der Qualität sind die Bauern bisher zufrieden, allerdings weisen Experten daraufhin, dass der „Dürrestres­s“durch ein Bewässerun­gsdefizit von rund 33 Prozent zu einem potentiell­en Auslaugen der Bäume führt, die sich derzeit also „aufbäumen“, um durch hohe Produktion ihr Überleben zu sichern.

Um 130 Prozent stieg der Preis für Olivenöl „extra virgin“binnen zwei Jahren, doch die Bauern kommen kaum noch auf ihre Rechnung. Keine Frage, die andalusisc­he Olivenindu­strie steht an einem Scheideweg, tausende Hektar Bäume wurden ausgerisse­n, mitunter rechnet sich die Brache mehr als der Anbau, anderswo rücken Kolonnen von Arbeitern an, um Felder für den Anbau von iranischen Pistazienb­äumen vorzuberei­ten, der neuesten Blase der Agrar-Spekulante­n. Pistazien bringen enorme Erträge und halten der Hitze gut stand. Sie brauchen nicht mehr Wasser als Oliven, dieses aber vor allem zu einer ganz spezifisch­en Entwicklun­gszeit. Vor allem jene Olivenbaue­rn, die nach althergebr­achten Methoden, also „en secano“, ohne künstliche Bewässerun­g wirtschaft­en, stehen mit dem Rücken zur Wand. Ihnen ist der Zugang in die Bewässerun­gsgesellsc­haften wegen der Dürre versperrt, die Bestände trocknen ihnen weg, die Brunnen geben nichts mehr her und es regnet nicht. Für sie ist, da sie auf Regen angewiesen sind, auch eine Umstellung auf Pistazien nicht machbar.

Andalusien­s Landwirtsc­haftsminis­terin Carmen Crespo meint, „es gibt keine Spekulatio­n beim Olivenöl, alles wird fair durch Angebot und Nachfrage geregelt“, so ihre

Einschätzu­ng, die bereits mehrfach von Fachleuten widerlegt wurde, die nachwiesen, dass der größte Preissprun­g zwischen Erzeuger und Konsument ausgerechn­et dort stattfinde­t, wo kaum Kosten anfallen, zwischen Groß- und Einzelhand­el. Crespo rechnet vor, dass allein die Provinz Jaén, mit 215.000 Tonnen die Olivenfabr­ik schlechthi­n, in dieser Saison 20 Prozent mehr Öl erzeugt als vor einem Jahr, was die Preise etwas entspannen sollte. Andalusien­s Landesregi­erung hat einen Schutzplan für Oliven-Altbeständ­e im ökologisch-nachhaltig­en Anbau zu Gunsten der Aufnahme großer Fincas in die Bewässerun­g verhindert.

Welche kriminelle Energie die Preisspeku­lation um Olivenöl freisetzt, zeigt nicht nur der Anstieg von Einbrüchen in Lager und Ölmühlen oder die Anbringung von Diebstahls­icherungen an den Olivenölfl­aschen in Supermärkt­en, sondern auch die Zunahme von Fälschunge­n. Die Guardia Civil beschlagna­hmte jetzt tausende Liter Olivenöl, das als „extra virgin“etikettier­t, war, aber aus mehrfach raffiniert­em, minderwert­igem Öl bestand. Die Polizei identifizi­erte zwölf derart gepanschte Marken, vor deren Kauf und Verzehr sie abrät: Carro (Murcia), Esential und Carrero von Oleotop (Sevilla), Oliv (Málaga), Scudo, Tesoro de Oliva, Tierra de Arbequino (Hortelano Foods), Aciencia, La Rama, Agricultor del Valle und Oleo L.U.X.E. (Almargen, Málaga).

Andalusien­s Ministerin für Landwirtsc­haft: „Es gibt keine Spekulatio­n“

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Foto: M. Schicker Treue alte Olivenbäum­e rechnen sich nicht mehr.

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