Linke bricht auseinander
Podemos steigt aus Sumar aus – Regierung verliert fünf Abgeordnete
Madrid – sk. Die Uneinigkeit der Linken kann man als ihr chronisches Leid sehen, der Bruch zwischen Unidas Podemos und Sumar hat aber auch viel von einer Scheidung im gegenseitigen Einvernehmen. Nun bricht Podemos das Bündnis mit Sumar und wandert mit fünf Abgeordneten ab in die parlamentarische Gruppe Grupo Mixto. Die Jünger von Pablo Iglesias inszenieren ihren Untergang. Aufgestiegen aus der 15-M-Protestbewegung holte Podemos bei seinem Debüt 69 Mandate, wurde Juniorpartner der ersten Koalitionsregierung in Spanien mit fünf Ministern. Übrig bleiben zehn Jahre nach dem Aufstieg fünf Abgeordnete in der letzten Reihe.
Diese Fünf bringen die Minderheitsregierung aus PSOE und Sumar zum Wackeln. Das Quintett um die frühere Sozialministerin Ione Belarra kann ebenso wie die katalanischen Separatisten von Junts und ERC Gesetzesvorhaben zu Fall bringen. Ohne sie bekommt die Regierung keine Mehrheit und bliebe bei 174 von 350 Stimmen stecken. Geradezu unvorstellbar, dass in der Legislatur bei diesem Puzzlespiel um Einigungen mit kleinen Parteien keine Probleme auf die Regierung zukommen.
Überraschend kam der Bruch nicht. Ione Belarra beklagt seit Wochen, dass die Regierung Podemos knebeln und isolieren will. Nur richtig ernst hat man sie wohl nicht genommen, dieser aggressivvorwurfsvolle Ton begleitet die frühere Sozialministerin ja auf Schritt und Tritt. Ihre Beziehung mit Yolanda Díaz fing auf dem falschen Fuß an. Nach dem Debakel von Podemus-Gründer Pablo Iglesias bei der Landtagswahl in Madrid zog er sich aus der Politik zurück und ernannte eigenmächtig Yolanda Díaz zur Spitzenkandidatin im März 2021. Díaz erfuhr davon aus der Presse und warf Iglesias und seinem eigenmächtigen Verhalten „Machismus“vor.
Der erste Riss trat offen zutage bei der Geburtsstunde von Sumar, als Yolanda Díaz im November 2021 mit der damaligen Bürgermeisterin von Barcelona, Ada Colau,
der früheren Compromís-Chefin Mónica Oltra, der heutigen Gesundheitsministerin Móncia García und der Aktivistin aus Ceuta Fátima Hamed Hossain den Grundstein für ein Bündnis legte, aus dem Sumar dann wuchs. Als „den Beginn von etwas Wunderbarem“beschrieb Yolanda Díaz, was ihre Abnabelung von Podemos war.
Obwohl Podemos auf eine gemeinsame Kandidatur drängte, scharte Díaz im ganzen Land Gefolgsleute für ihr politisches Projekt um sich und ging gleichzeitig deutlich auf Distanz zu dem radikalen Kurs von Podemos. Als Arbeitsministerin in der Regierung von Sánchez gab sie sich dialoghaft und verhandlungssicher. Die Spannungen wuchsen beim „Nur ein Ja heißt Ja“-Gesetz zur sexuellen Freiheit, als Podemos den Vorwurf erhob, Yolanda Díaz würde nicht vehement genug hinter der Gleichstellungsministerin stehen.
Im April 2023 gab Yolanda Díaz ihre Kandidatur für die Parlamentswahl bekannt und düpierte Podemos abermals. Die Linken forderten verärgert ein bilaterales Bündnisabkommen, doch Díaz lehnte ab mit dem Verweis auf die zwölf Parteien, die sich bereits um Sumar gruppiert hatten. Zähneknirschend sprang Podemos auf.
Bei den Kommunal- und Landtagswahlen im Mai 2023 brach Podemos ein. Die Linken mischen in der Regionalpolitik eigentlich nur noch in Navarra mit. Der nächste Schlag folgte im Juni, als Sumar sich weigerte, Irene Montero auf die Kandidatenliste für die vorgezogene Parlamentswahl am 23. Juli zu stellen. Von einer „Erniedrigung“sprach Belarra. Sumar brauchte die Stimmen von Podemos, ihre Politiker aber nicht.
Am 20. November präsentierte Pedro Sánchez sein Kabinett. Obwohl Sumar Federn lassen musste, bekam das Bündnis erneut fünf Ministerien und genauso viele wie Podemos in der vergangenen Legislatur. Nur fiel kein einziges an Podemos ab. Von der alten Garde von Pablo Iglesias schafft es eine einzige Politikerin ins Kabinett: Yolanda Díaz. „Sie werfen uns aus der Regierung, aber wir werden nicht verschwinden. Wir haben den Wandel geschafft, wir schaffen es und ich versichere, wir werden es wieder schaffen“, sagte Belarra. So aber wohl eher nicht.
„Sie werfen uns aus der Regierung, aber wir verschwinden nicht“