Asterix und Obelix in der ersten Liga
Nobody an der Tabellenspitze – FC Girona überholt mit Sieg gegen Barcelona auch Real Madrid
Girona – dpa. Ein kleiner Club beweist derzeit, dass man in der Branche der Multimillionäre auch mit bescheidenen Mitteln Erfolg haben kann. Der FC Girona könnte Fußball-Wunder wahr machen, doch kann der Lauf eine ganze Saison lang anhalten?
Mit dem 4:2-Sieg im katalanischen Derby beim Titelverteidiger FC Barcelona legte das Sensationsteam der Primera División aber endgültig die fußballerische Reifeprüfung ab. Auch der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft, Ilkay Gündogan musste die „Qualität“des Rivalen schmerzhaft feststellen. „Es ist kein Zufall, dass Girona ganz oben steht“, sagte der 33-jährige Barça-Profi nach dem Abpfiff am Sonntag. Sogar in der spanischen Hauptstadt überschlugen sich am Montag die Lobeshymnen auf den Haufen von Nobodys aus der in Madrid eigentlich verhassten Separatisten-Hochburg und Heimat von „Catalanista“Chef und Justizflüchtling Carles Puigdemont. „Das sympathische Überraschungsteam, das bisher als Eintagsfliege galt, muss nun endgültig als Titelkandidat betrachtet werden“, analysierte die Sportzeitung „AS“, die schon vor einigen Wochen vom „Wunder von Girona“gesprochen hatte.
Die Zeitung „La Vanguardia“verglich den aktuellen Tabellenersten mit dem kleinen, nicht einmal 14.000 Zuschauer fassenden Montilivi-Stadion mit dem „Dorf der Unbeugsamen“um die berühmten Gallier Asterix und Obelix. Doch während das Comic-Duo seine Macht einem Zaubertrank verdankt, fragen sich viele Leute in Spanien: Wie ist bloß das FußballMärchen der „kleinen Katalanen“, des stets offensiv und mutig agierenden FC Girona zu erklären?
Nach 16 von 38 Spieltagen hat der FC Girona bereits 41 Zähler – zwei mehr als Verfolger Real Madrid. Die Königlichen kamen bei Betis Sevilla nicht über ein 1:1Unentschieden hinaus. Der Vorsprung zum FC Barcelona und zu Atlético Madrid beträgt schon sieben Punkte. Trainer Michel Sánchez kann das Tiefstapeln dennoch nicht lassen: „Mein Team schreibt Geschichte, aber ich weiß nicht, ob wir eine Saison mit Real, Barça und Atlético mithalten können. Bisher haben wir den Klassenerhalt sicher.“
Der Club gehört zwar seit 2017 zu gleichen Teilen (je 44,3 Prozent) der City Football Group (CFG) von Abu-Dhabi-Scheich Mansour Bin Zayed Al Nahyan, der auch bei Manchester City das Sagen hat, und der Girona Football
Group von Pere Guardiola, dem Bruder von City-Trainer Pep Guardiola. Aber das bedeutet nicht, dass Öl-Dollars das Geheimnis des Erfolges sind. In der Tat: Die teuerste Verstärkung im Kader von Trainer Míchel Sánchez ist der 26 Jahre alte ukrainische Stürmer Artem Dovbyk, der im Sommer acht Millionen Euro kostete und bereits acht Liga-Tore erzielt hat. Es handele sich um eine Mannschaft, so „Marca“, die im „Ramschladen“zusammengestellt worden sei. Um Spieler, die von anderen Clubs ausgemustert wurden und oft zum Nulltarif gekommen seien. Fitnesstrainer David Porcel hat keine Zweifel, was das Geheimnis des Erfolgs ist: „Die Geduld der Clubführung“. Man sei schon einige Jahre zusammen und habe auch in schwierigen Zeiten in Ruhe arbeiten dürfen, etwa als vor drei Jahren der Abstieg in die dritte Liga drohte. Und Trainer Sánchez hole das Beste aus Spielern heraus, die „noch zu Saisonbeginn von 70 Prozent der Erstligaclubs verschmäht worden wären“.
Nach 16 von 38 Spieltagen hat der FC Girona bereits 41 Zähler