Wer zahlt schon gerne Steuern?
Erstaunlich, wie einfach es ist, sich die ungeteilte Aufmerksamkeit der Leser zu sichern. Bei einer solchen Überschrift, da liest jeder erst mal weiter. Aber ich muss Sie enttäuschen: Keine Steuern? Vergessen Sie es! (Lesen Sie aber bitte trotzdem weiter, es wird interessant). Ich kann Ihnen aus langjähriger anwaltlicher Erfahrung berichten, dass die Frage, wie man Steuern einsparen könnte, in der Hitparade der meistgestellten Fragen ganz vorne liegt. Woran mag es liegen, dass wirklich niemand gern Steuern zahlt? Vielleicht liegt es an der wahrlich ernüchternden Definition des Begriffes „Steuern”: Laut Abgabenordnung sind Steuern „Geldleistungen, die kein Entgelt für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen erhoben werden”.
Also: „Kein Entgelt für eine Leistung?” , also, warum soll man da zahlen, wenn man nichts dafür kriegt? Ein bisschen transparenter ist das wenigstens bei den beiden anderen Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Staat: Da lobt man sich die Gebühren, das sind nämlich Zahlungen für die Inanspruchnahme von öffentlichen Leistungen, man bezahlt das, was man selbst nutzt, z.B. Müllabfuhr, Wasser und Abwasser, Straßenreinigung. Und dann gibt es schließlich noch die Beiträge, auch die muss man bezahlen, aber immerhin dienen die der Herstellung und Erweiterung öffentlicher Einrichtungen und Anlagen
(etwa Straßenanliegerbeiträge), wobei anders als bei den Gebühren, auch andere die Straße nutzen dürfen. Aber zurück zu den Steuern: Man kann es schon verstehen, dass bei den Steuererklärungen gern und teils heftig geschummelt wird, geht ja oft gut, jeder weiß, dass das Finanzamt kaum alle Steuererklärungen bis ins Detail prüfen kann. Aber es gibt, wenig überraschend, zwei Personengruppen, die dem Finanzamt „zuarbeiten”. Das sind zum einen hintergangene (Ehe-)Partner und zum anderen gehässige Mitbürger, beides gibt es, wie man weiß, zuhauf. Natürlich weiß ich, dass keiner meiner Leser zu einer dieser Gruppen gehört, aber man sollte nicht unterschätzen, wie viele Zeitgenossen die Gelegenheit nutzen, mit ihrem Wissen sich wofür auch immer zu rächen (obwohl sie selbst rein gar nichts davon haben). Von diesen Fällen erfährt man natürlich nur, wenn sie Prominente betreffen und sich die Presse der Sache annimmt. Aktuelles Beispiel ist die Sängerin Shakira. An der Art und Weise, wie in der Presse das Verhalten der Sängerin gegeißelt wird, wird ganz nebenbei ein gewisser pharisäerhafter Zug des menschlichen Charakters deutlich: Die anderen sollen zur Kasse gebeten werden, man selbst natürlich lieber nicht!
Hier kurz zum Sachverhalt: Es geht um die Frage, wo genau 2012 bis 2014 der Hauptwohnsitz von Shakira war, ob auf den Bahamas, wie sie selbst behauptete oder doch in Barcelona, das war der Verdacht des spanischen Finanzamtes. Wir wollen uns jetzt nicht in die Untiefen des internationalen Steuerrechtes stürzen, aber die sogenannte „unbeschränkte Steuerpflicht” (in Spanien „residente”) eines Bürgers in einem bestimmten Land und damit die Verpflichtung jährlich Einkommensteuererklärungen abzugeben, entsteht dann, wenn man dort seinen Lebensmittelpunkt hat oder dort seine wirtschaftlichen Interessen gebündelt sind. Ganz eng wird es dann, wenn diese Person mehr als 183 Tage des Jahres (,also mehr als die Hälfte) dort verbringt.
Für Shakira wurde es bei diesen Voraussetzungen doch etwas eng, denn auf den Bahamas
war sie in den fraglichen Jahren nie gewesen und zudem hatte die Klatschpresse ihre Beziehung zu dem Fußballspieler Gerard Piqué breitgetreten, wobei sogar ihre beiden Kinder, geboren 2013 und 2015, in Barcelona auf die Welt kamen; da klang es schon etwas hilflos, wenn sie sich verteidigte, sie sei nun mal ein Kosmopolit und nur gelegentlich in Barcelona gewesen, um Piqué zu besuchen. Es gab also eine ganze Reihe von stichhaltigen Anhaltspunkten, die belegen, dass Shakira in den fraglichen Jahren verpflichtet gewesen wäre, in Spanien eine Einkommensteuererklärung abzugeben, was sie natürlich nie getan hat.
Vielleicht wäre sogar das Finanzamt von sich aus nie auf die Idee gekommen, eine Inspektion in Gang zu setzen, wenn es nicht, s.o., einen Informanten gegeben hätte in Gestalt ihres ehemaligen Lebenspartners Antonio de la Rúa, der das spanische Finanzamt mit Informationen versorgte, wie auch über wohl 14 Offshore-Gesellschaften, die nur dem einzigen Zweck dienten, die wahre Berechtigte, nämlich Shakira im Dunkeln zu halten. Seine Einflüsterungen landeten bei einer ehrgeizigen und fleißigen Steuerinspektorin, die wirklich jeder Spur hinterherging, einschließlich Nachforschungen über die Anzahl der Friseurbesuche in Barcelona (zweimal die Woche) wie auch Privatstunden in Französisch, sodass, als die Ermittlungen abgeschlossen waren und ein Verfahren eingeleitet werden sollte, insgesamt 117 Zeugen zur Aussage vorgesehen waren. Die hinterzogene Einkommensteuer war schnell mit 14,5 Millionen Euro berechnet, dazu ein Bußgeld von 23,5 Millionen Euro, sowie acht Jahre und zwei Monate Gefängnis, das sah also anfangs gar nicht gut aus.
Da wurde es eng für Shakira
Shakira und ihre Berater taten angesichts der offensichtlichen Fakten das einzige Richtige: Sie verhandelten, aber bevor das losging, wurden als erste Maßnahme die hinterzogenen Steuern von 14,5 Millionen Euro bezahlt. Das Ergebnis der Verhandlungen konnte sich sehen lassen: Aus dem Bußgeld von 23,5 Millionen Euro wurden 7,3 Millionen Euro, aus den acht Jahren und zwei Monaten Haft wurden drei Jahre, die Shakira zudem durch ein weiteres Bußgeld von 432.000 Euro abgelten konnte, sodass ihr eine Haftstrafe gänzlich erspart blieb. Das Ganze wurde durch einen gerichtlichen Vergleich unter der Mitwirkung von Gericht und Staatsanwaltschaft verbindlich vereinbart, es trat also Rechtskraft ein, das Verfahren war beendet.
Kann man als Normalbürger aus dem Verfahren irgendwelche Lehren ziehen bzw. Schlussfolgerungen für das eigene Verhalten? Ich denke schon: Man sollte wissen, dass man im Rahmen von Steuererklärungen sich tunlichst an die Wahrheit halten sollte, falsche oder irreführende Angaben werden in einem Inspektionsverfahren gnadenlos offengelegt und dann gibt es bei allen Versuchen, mit einer milden Strafe davon zu kommen, nur wenig Hoffnung.