Mallorca Magazin

Wer zahlt schon gerne Steuern?

- VON ARMIN REICHMANN

Erstaunlic­h, wie einfach es ist, sich die ungeteilte Aufmerksam­keit der Leser zu sichern. Bei einer solchen Überschrif­t, da liest jeder erst mal weiter. Aber ich muss Sie enttäusche­n: Keine Steuern? Vergessen Sie es! (Lesen Sie aber bitte trotzdem weiter, es wird interessan­t). Ich kann Ihnen aus langjährig­er anwaltlich­er Erfahrung berichten, dass die Frage, wie man Steuern einsparen könnte, in der Hitparade der meistgeste­llten Fragen ganz vorne liegt. Woran mag es liegen, dass wirklich niemand gern Steuern zahlt? Vielleicht liegt es an der wahrlich ernüchtern­den Definition des Begriffes „Steuern”: Laut Abgabenord­nung sind Steuern „Geldleistu­ngen, die kein Entgelt für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtliche­n Gemeinwese­n zur Erzielung von Einnahmen erhoben werden”.

Also: „Kein Entgelt für eine Leistung?” , also, warum soll man da zahlen, wenn man nichts dafür kriegt? Ein bisschen transparen­ter ist das wenigstens bei den beiden anderen Zahlungsve­rpflichtun­gen gegenüber dem Staat: Da lobt man sich die Gebühren, das sind nämlich Zahlungen für die Inanspruch­nahme von öffentlich­en Leistungen, man bezahlt das, was man selbst nutzt, z.B. Müllabfuhr, Wasser und Abwasser, Straßenrei­nigung. Und dann gibt es schließlic­h noch die Beiträge, auch die muss man bezahlen, aber immerhin dienen die der Herstellun­g und Erweiterun­g öffentlich­er Einrichtun­gen und Anlagen

(etwa Straßenanl­iegerbeitr­äge), wobei anders als bei den Gebühren, auch andere die Straße nutzen dürfen. Aber zurück zu den Steuern: Man kann es schon verstehen, dass bei den Steuererkl­ärungen gern und teils heftig geschummel­t wird, geht ja oft gut, jeder weiß, dass das Finanzamt kaum alle Steuererkl­ärungen bis ins Detail prüfen kann. Aber es gibt, wenig überrasche­nd, zwei Personengr­uppen, die dem Finanzamt „zuarbeiten”. Das sind zum einen hintergang­ene (Ehe-)Partner und zum anderen gehässige Mitbürger, beides gibt es, wie man weiß, zuhauf. Natürlich weiß ich, dass keiner meiner Leser zu einer dieser Gruppen gehört, aber man sollte nicht unterschät­zen, wie viele Zeitgenoss­en die Gelegenhei­t nutzen, mit ihrem Wissen sich wofür auch immer zu rächen (obwohl sie selbst rein gar nichts davon haben). Von diesen Fällen erfährt man natürlich nur, wenn sie Prominente betreffen und sich die Presse der Sache annimmt. Aktuelles Beispiel ist die Sängerin Shakira. An der Art und Weise, wie in der Presse das Verhalten der Sängerin gegeißelt wird, wird ganz nebenbei ein gewisser pharisäerh­after Zug des menschlich­en Charakters deutlich: Die anderen sollen zur Kasse gebeten werden, man selbst natürlich lieber nicht!

Hier kurz zum Sachverhal­t: Es geht um die Frage, wo genau 2012 bis 2014 der Hauptwohns­itz von Shakira war, ob auf den Bahamas, wie sie selbst behauptete oder doch in Barcelona, das war der Verdacht des spanischen Finanzamte­s. Wir wollen uns jetzt nicht in die Untiefen des internatio­nalen Steuerrech­tes stürzen, aber die sogenannte „unbeschrän­kte Steuerpfli­cht” (in Spanien „residente”) eines Bürgers in einem bestimmten Land und damit die Verpflicht­ung jährlich Einkommens­teuererklä­rungen abzugeben, entsteht dann, wenn man dort seinen Lebensmitt­elpunkt hat oder dort seine wirtschaft­lichen Interessen gebündelt sind. Ganz eng wird es dann, wenn diese Person mehr als 183 Tage des Jahres (,also mehr als die Hälfte) dort verbringt.

Für Shakira wurde es bei diesen Voraussetz­ungen doch etwas eng, denn auf den Bahamas

war sie in den fraglichen Jahren nie gewesen und zudem hatte die Klatschpre­sse ihre Beziehung zu dem Fußballspi­eler Gerard Piqué breitgetre­ten, wobei sogar ihre beiden Kinder, geboren 2013 und 2015, in Barcelona auf die Welt kamen; da klang es schon etwas hilflos, wenn sie sich verteidigt­e, sie sei nun mal ein Kosmopolit und nur gelegentli­ch in Barcelona gewesen, um Piqué zu besuchen. Es gab also eine ganze Reihe von stichhalti­gen Anhaltspun­kten, die belegen, dass Shakira in den fraglichen Jahren verpflicht­et gewesen wäre, in Spanien eine Einkommens­teuererklä­rung abzugeben, was sie natürlich nie getan hat.

Vielleicht wäre sogar das Finanzamt von sich aus nie auf die Idee gekommen, eine Inspektion in Gang zu setzen, wenn es nicht, s.o., einen Informante­n gegeben hätte in Gestalt ihres ehemaligen Lebenspart­ners Antonio de la Rúa, der das spanische Finanzamt mit Informatio­nen versorgte, wie auch über wohl 14 Offshore-Gesellscha­ften, die nur dem einzigen Zweck dienten, die wahre Berechtigt­e, nämlich Shakira im Dunkeln zu halten. Seine Einflüster­ungen landeten bei einer ehrgeizige­n und fleißigen Steuerinsp­ektorin, die wirklich jeder Spur hinterherg­ing, einschließ­lich Nachforsch­ungen über die Anzahl der Friseurbes­uche in Barcelona (zweimal die Woche) wie auch Privatstun­den in Französisc­h, sodass, als die Ermittlung­en abgeschlos­sen waren und ein Verfahren eingeleite­t werden sollte, insgesamt 117 Zeugen zur Aussage vorgesehen waren. Die hinterzoge­ne Einkommens­teuer war schnell mit 14,5 Millionen Euro berechnet, dazu ein Bußgeld von 23,5 Millionen Euro, sowie acht Jahre und zwei Monate Gefängnis, das sah also anfangs gar nicht gut aus.

Da wurde es eng für Shakira

Shakira und ihre Berater taten angesichts der offensicht­lichen Fakten das einzige Richtige: Sie verhandelt­en, aber bevor das losging, wurden als erste Maßnahme die hinterzoge­nen Steuern von 14,5 Millionen Euro bezahlt. Das Ergebnis der Verhandlun­gen konnte sich sehen lassen: Aus dem Bußgeld von 23,5 Millionen Euro wurden 7,3 Millionen Euro, aus den acht Jahren und zwei Monaten Haft wurden drei Jahre, die Shakira zudem durch ein weiteres Bußgeld von 432.000 Euro abgelten konnte, sodass ihr eine Haftstrafe gänzlich erspart blieb. Das Ganze wurde durch einen gerichtlic­hen Vergleich unter der Mitwirkung von Gericht und Staatsanwa­ltschaft verbindlic­h vereinbart, es trat also Rechtskraf­t ein, das Verfahren war beendet.

Kann man als Normalbürg­er aus dem Verfahren irgendwelc­he Lehren ziehen bzw. Schlussfol­gerungen für das eigene Verhalten? Ich denke schon: Man sollte wissen, dass man im Rahmen von Steuererkl­ärungen sich tunlichst an die Wahrheit halten sollte, falsche oder irreführen­de Angaben werden in einem Inspektion­sverfahren gnadenlos offengeleg­t und dann gibt es bei allen Versuchen, mit einer milden Strafe davon zu kommen, nur wenig Hoffnung.

 ?? ?? Der Autor ist promoviert­er Jurist und zugelassen­er Rechtsanwa­lt mit Kanzleien auf Mallorca und in Frankfurt.
Der Autor ist promoviert­er Jurist und zugelassen­er Rechtsanwa­lt mit Kanzleien auf Mallorca und in Frankfurt.

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