Mallorca Magazin

Der langsame Abschied vom Wegwerfpla­stik

Vor fünf Jahren wollten die Balearen zum Vorreiter im Kampf gegen Einweg-Kunststoff werden. Es gibt zwar Fortschrit­te, so richtig voran aber geht es nicht

- VON JONAS MARTINY

Als das Balearen-Parlament im Februar 2019 das groß angekündig­te Abfallgese­tz der damaligen Linksregie­rung beschloss, da sollte dieses eine neue Ära auf den Inseln einleiten: das Ende des Einwegplas­tiks. Eine ganze Reihe von Wegwerfpro­dukten wurden verboten und sollten nach und nach aus dem Alltag der Inselbewoh­ner verbannt werden. Außerdem wollte der Linkspakt endlich die Wiederverw­ertung von Bioabfall voranbring­en und so die enormen Mengen Restmüll reduzieren, die auf den Inseln jährlich anfallen.

„Das Gesetz hat damals eine klare Richtung vorgegeben”, sagt Rosa García, Generaldir­ektorin der Umweltschu­tzvereinig­ung Rezero, die sich dem Thema Müllvermei­dung widmet. García verfolgt die Entwicklun­g auf den Balearen seit vielen Jahren und betont, dass es sich damals um eine Pioniertat gehandelt habe. Die Balearen seien dadurch europaweit zum Vorreiter geworden. Mittlerwei­le hat die spanische Zentralreg­ierung mit einem eigenen Abfallgese­tz nachgezoge­n, ebenso die EU.

Dennoch habe das balearisch­e Gesetz nicht den durchschla­genden Erfolg gebracht, den man sich erhofft hatte, sagt García. Viele Dinge, die dort festgeschr­ieben sind, seien bis heute nicht umgesetzt. „Das Problem ist, dass die Einzelhand­elsunterne­hmen bremsen, wo sie nur können.” Die Kunststoff­industrie erfinde permanent neue Produkte. So gebe es etwa seit einiger Zeit vermehrt Mineralwas­ser im Tetrapack. „Das ist reines Greenwashi­ng”, sagt García, weil das Image der Getränkeka­rtons zwar gut, deren Wiederverw­ertung aber noch schwierige­r sei, als bei herkömmlic­hen Plastikfla­schen. Ohnehin erfüllen lediglich 65 bis 70 Prozent des Verpackung­smülls überhaupt die Mindestanf­orderungen für ein späteres Recycling. Alles andere landet gleich in der Verbrennun­gsanlage.

Manch Kunststoff­hersteller versuche auch, das Gesetz durch Trickserei­en zu umgehen. So hätten manche Supermärkt­e nun statt Einweggesc­hirr solches aus Plastik im Sortiment, das man „bis zu dreimal verwenden kann”, wie auf den Verpackung­en zu lesen sei. Die Behörden kontrollie­rten die Einhaltung der Vorschrift­en viel zu wenig. Kurzum: „Zu einer Reduzierun­g des Plastikmül­ls, die man messen könnte, hat das Gesetz nicht geführt”, sagt García.

Das bestätigt der Blick auf die nackten Zahlen. So landeten in Mallorcas Abfallverw­ertungsanl­age Son Reus im Jahr 2019 etwas mehr als 22.000 Tonnen Verpackung­smüll. Im vergangene­n Jahr waren es dagegen schon 27.000 Tonnen. Der Anstieg müsse allerdings kein Hinweis auf vermehrten Verbrauch bedeuten, gibt Joan Mateu zu bedenken, Pressespre­cher des Betreiberu­nternehmen­s Tirme. Man könne die Zahlen auch als Hinweis darauf werten, dass die Mülltrennu­ng besser funktionie­re. Da es auf der Insel keine Recyclinga­nlage für Plastik gibt, wird dieses anschließe­nd aufs Festland gebracht. Immerhin ist es gelungen, die Gesamtmüll­menge auf Mallorca etwas zu reduzieren. Fielen im Jahr 2019 noch knapp 580.000 Tonnen Abfall an, waren es im vergangene­n Jahr noch 565.000 Tonnen. Spanienwei­ter Spitzenrei­ter ist die Insel damit allerdings immer noch: Nirgendwo sonst fällt pro Einwohner so viel Müll an.

Das liegt auch am Tourismus. In der Hauptsaiso­n schießen die Zahlen stets in die Höhe. Und so nimmt das Abfallgese­tz neben dem Einzelhand­el besonders Hoteliers und Gastronome­n in die Pflicht, die daher in den vergangene­n Jahren einiges getan haben, um die Mülltrennu­ng zu verbessern und Kunststoff­artikel durch solche aus umweltfreu­ndlicheren Materialie­n zu ersetzen. Der mallorquin­ische Hotelkonze­rn Iberostar etwa wirbt damit, bereits seit dem Jahr 2020 überhaupt kein Einwegplas­tik mehr zu verwenden. Auch dabei dürfte das balearisch­e Abfallgese­tz eine nicht unerheblic­he Rolle gespielt haben.

Die Menge des Verpackung­smülls, der in Son Reus landet, steigt weiter an

 ?? Foto: Archiv ?? Vor nicht allzu langer Zeit wurden einem auf Mallorca die Plastiktüt­en noch geradezu hinterherg­eworfen. Mittlerwei­le haben die meisten Supermärkt­e auf nachhaltig­ere Alternativ­en umgestellt.
Foto: Archiv Vor nicht allzu langer Zeit wurden einem auf Mallorca die Plastiktüt­en noch geradezu hinterherg­eworfen. Mittlerwei­le haben die meisten Supermärkt­e auf nachhaltig­ere Alternativ­en umgestellt.

Newspapers in German

Newspapers from Spain