„Der Trend geht eindeutig in Nutzungsorientierung statt Kauf”
Mit insgesamt 17 Marken im Portfolio gehört die Firma Autovidal in Palma zu den Big Player im Automobilgeschäft auf den Balearen. Doch die Branche befindet sich in einem immensen Umbruch. CEO Andrés Vidal verrät die Gründe, warum sich das Autofahren schon
Wenn es um MercedesBenz auf Mallorca geht, dann ist Andrés Vidal sicherlich einer der besten Ansprechpartner. Zusammen mit seinen drei Geschwistern betreibt der 57-jährige Mallorquiner eines der größten Automobilhäuser auf den Balearen. Das in Palmas Gewerbegebiet Son Castelló untergebrachte Unternehmen Autovidal ist neben der Stuttgarter Edelmarke auch Vertriebshändler für 16 weitere Autohersteller auf der Insel. Gegenüber MM erklärte Vidal, welchen Herausforderungen seine Branche aktuell und in der nahen Zukunft gegenübersteht.
Mallorca Magazin: Autovidal feiert in diesem Jahr sein 103-jähriges Bestehen. Wie hat sich das Unternehmen im Laufe der Zeit entwickelt? Andrés Vidal: Autovidal wurde 1921 von meinem Urgroßvater gegründet. Heute sind wir bereits in der vierten und fünften Generation tätig. Ich selbst gehöre der vierten Generation an und einige meiner Kinder arbeiten bereits in verschiedenen Bereichen der Unternehmensgruppe. Ursprünglich waren wir ausschließlich im Automobilsektor tätig. In den vergangenen zehn Jahren haben wir jedoch einen strategischen Diversifikationsplan eingeleitet, um unser Unternehmen nicht nur auf die Automobilbranche zu konzentrieren. Heute verfügen wir auch über Immobilien-, Vertriebs-, Lebensmittel-, Ersatzteil- und Recyclingmaschinensparten.
MM: Das klingt nach einer breit gefächerten Unternehmensstruktur. Wie sieht Ihre Strategie für die Zukunft aus? Vidal: Unser Ziel ist es, den Anteil der Automobilbranche am Gesamtgeschäft des Familienunternehmens zu verringern. Natürlich liegt unsere Kernkompetenz im Automobilsektor, und wir glauben weiterhin an dessen Potenzial. Allerdings befindet sich die Branche in einem tiefgreifenden Wandel.
MM: Inwiefern? Vidal: Vor 15 Jahren war es noch üblich, ein Auto zu kaufen, zu bezahlen und damit davonzufahren. Heute hingegen sehen wir eine wachsende Nachfrage nach flexibleren Mobilitätslösungen wie Carsharing, Abonnements und Leasing. Hinzu kommt der Trend zu Elektrofahrzeugen, der die gesamte Branche umkrempelt. Auch die wachsende Präsenz chinesischer Automobilhersteller ist ein Faktor, den wir berücksichtigen müssen. Aus diesem Grund haben wir einige dieser Hersteller in unser Portfolio aufgenommen.
MM: Mercedes ist nach wie vor eine der wichtigsten Marken in Ihrem Portfolio. Wie stellen Sie sicher, dass Sie den hohen Ansprüchen der Kunden gerecht werden? Vidal: Mercedes war die Marke, mit der wir vor 60 oder 70 Jahren unsere Geschäftstätigkeit aufgenommen haben. Sie ist unser Aushängeschild und steht für Qualität und Zuverlässigkeit. Das Know-how, das wir mit Mercedes gesammelt haben, versuchen wir auch auf andere Marken zu übertragen, denn auch ein Kunde, der ein Fahrzeug einer anderen Marke kauft, erwartet einen exzellenten Service.
MM: Autovidal gilt als einer der größten Automobilhändler auf den Balearen. Wie viele Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen? Vidal: Hinsichtlich des Markenportfolios sind wir sicherlich einer der größten Akteure. Was den Umsatz betrifft, kann ich das nicht genau sagen, aber wir gehören zu den zwei größten Unternehmensgruppen in der Region. Insgesamt beschäftigen wir rund 300 Mitarbeiter.
MM: Sie bieten innovative Mobilitätslösungen wie Renting, Abonnements und Carsharing an. Wie erfolgreich sind diese Modelle? Vidal: Der Trend geht eindeutig in Richtung Nutzungsorientierung statt Kauf. Abonnementmodelle gewinnen zunehmend an Popularität, und Leasing hat sich bereits zur wichtigsten Kaufoption entwickelt.
MM: Wie sehen Sie die Zukunft der Elektromobilität auf Mallorca? Vidal: Der Markt für Elektrofahrzeuge boomt. Die Branche steuert unaufhaltsam auf die Elektromobilität zu. Allerdings glaube ich, dass die ursprünglichen Ziele etwas zu ehrgeizig waren. Es ist unrealistisch, dass ab 2035 nur noch Elektrofahrzeuge auf den Straßen unterwegs sein sollen. Die Industrie und die Politik erkennen allmählich, dass der Umstieg auf Elektromobilität mehr Zeit benötigt. Elektrofahrzeuge müssen noch einige Herausforderungen bewältigen, wie zum Beispiel den hohen Preis und die unzureichende Ladeinfrastruktur.
MM: Das Verkehrsaufkommen auf Mallorca ist ein großes Problem. Welche Lösungen sehen Sie? Vidal: Mobilität ist ein komplexes Thema und es gibt keine einfachen Patentrezepte. Die Bevölkerung auf den Balearen wächst stetig, aber in den vergangenen 20 Jahren wurden keine nennenswerten Infrastrukturerweiterungen vorgenommen. Darüber hinaus war die öffentliche Mobilität bis vor kurzem sehr unzureichend. Die Lösung liegt in einem Bündel von Maßnahmen: Verkehrsmanagement, Parkplätze, Parkraumbewirtschaftung, Low-Emission-Zonen, Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs und neue Mehrfachnutzungssysteme wie Carsharing, Fahrräder und Roller. Dies wird zu einer höheren Fahrzeugrotation und einer Reduzierung des Verkehrs auf unseren Straßen führen.