20 Minuten - Bern

Dürfte man Carlos mit Medikament­en ruhigstell­en?

- ANN

Herr Noll*, welche Sanktionen gibt es bei renitenten Häftlingen?

Die tiefste Sanktion ist ein Verweis. Eine nächste Stufe ist etwa ein Fernseh-Entzug oder ein Zelleneins­chluss für eine Woche. Die schärfste Disziplina­rsanktion ist der Arrest. Eine Reihenfolg­e ist nicht vorgeschri­eben. Wer etwas Schlimmes begeht – etwa eine Drohung oder eine Tätlichkei­t – kann sofort Arrest erhalten.

Was tut man, wenn ein Häftling alles verwüstet und das Personal bedroht?

Es gibt tatsächlic­h Häftlinge, die das Sys- tem ausreizen. Man tut, was man kann. In der Regel bekommt so ein Häftling nur noch Essen, für das er kein Geschirr und kein Besteck braucht – also Sandwiches.

Darf man Medikament­e einsetzen, um so einen Häftling ruhigzuste­llen?

Ich bin nicht sicher, ob man das im Gefängnis darf, aber man macht es nicht. Eine Zwangsmedi­kation ist eine Körperverl­etzung, für die es ausgebilde­te Spezialist­en braucht. Das macht man in der Psychiatri­e.

Welche Häftlinge bringt man denn in die Psychiatri­e?

Meist sind das akut psychotisc­he Personen, die in ihrem Wahn andere angreifen oder sich selbst gefährden. So ein Fall muss vorliegen, damit es legal ist. Mit den richtigen Medikament­en kann man solche Personen wieder stabilisie­ren. Carlos sieht aus der Ferne aber nicht psychotisc­h aus.

*Thomas Noll ist Direktor des Schweizeri­schen Ausbildung­szentrums für Strafvollz­ugspersona­l.

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