Warum schaffen es nur noch wenige Flüchtlinge übers Mittelmeer?
ROM. Italien – und mit ihm ganz Europa – atmet auf: Die Flüchtlingszahlen sind erstaunlich stark zurückgegangen.
Kaum Wellen zwischen der libyschen Küste und Italien, die Wetterlage ist stabil. Normalerweise müssten jetzt täglich überfüllte Gummiboote mit Menschen ablegen. Doch in Italien sind im August bisher gerade mal 2800 Migranten angekommen. Vor einem Jahr waren es mehr als 21 000. Das sind fast 90 Prozent weniger.
Warum legen kaum mehr Schlepperboote in Libyen ab?
Während die libysche Küstenwache und die europäische Grenzschutzagentur Frontex die Zahlen vor allem als Erfolg der Behörden auf See verkaufen, sehen Experten die Gründe an der Küste selbst: «Seit einiger Zeit gibt es eine neue bewaffnete Gruppe in der Stadt, die offenbar dafür sorgt, dass die Schmuggler nicht mehr ablegen», sagt Mattia Toaldo, Libyen-Experte des European Council for Foreign Relations. Es gebe Hinweise, dass ein in der Region mächti- ger Milizen- und Schmuggelchef die Seiten gewechselt habe.
Welche Rolle spielt Italien?
Der Rückgang wird durchaus auch auf das Engagement Italiens zurückgeführt. Rom pflegt den Austausch mit libyschen Lokalpolitikern und unterstützt libysche Kommunen finanziell. Im Gegenzug sollen diese aber keine oder nur noch wenige Migranten durchlassen. Unklar ist, um was für Summen es sich dabei handelt. Italien müsse dies offenlegen, forderte unlängst Ska Keller, Grünen-Politikerin im Europäischen Parlament.
Was bedeutet das für die Flüchtlinge in Libyen?
Die Flüchtlinge sitzen im Chaos des Bürgerkriegslands und in teils prekären Zuständen fest. Menschenrechtsbeauftragte der Vereinten Nationen schlugen bereits Alarm: «Die Lösung kann nicht sein, den Zugang zu internationalen Gewässern zu verhindern», so die Kritik.