Leistungslohn treibt Büezer in Bonus-Stress
ZÜRICH. Detailhändler wollen mit Prämien die Angestellten motivieren. Laut Gewerkschaften geht es aber ums Überleben.
ZÜRICH. Angestellte im Detailhandel stehen unter grossem Druck, speziell jetzt zur Weihnachtszeit. Hinzu kommt die Sorge ums Geld: Nur wer viel verkauft, erhält genug Prämien, um mit dem Lohn die Fixkosten zu decken. «Man wird dazu gedrängt, Kunden teure Produkte zu verkaufen», sagt ein Verkäufer. Bei der Unia heisst es: «Prämienlöhne sind für Verkäufer ein grosser Stress.»
Sonntagsverkäufe, Überstunden, Verkaufsdruck – vor allem in der Weihnachtszeit müssen Verkäufer viel leisten. Die Löhne sind hingegen oft bescheiden. Zudem müssen viele Verkäufer ihren monatlichen Lohn mit Prämien selbst aufbessern.
Das stresst einen Leser von 20 Minuten, der als Verkäufer bei der Coop-Tochter Interdiscount arbeitet: «Man wird regelrecht dazu gedrängt, den Kunden viele und teure Produkte zu verkaufen – Hauptsache, man erreicht den Tagesumsatz.» Sein Arbeitsvertrag liegt 20 Minuten vor: 13-mal im Jahr kriegt der Verkäufer einen monatlichen Bruttolohn von 2700 Fran- ken. Hinzu kommen Akontoprämien von 400 Franken.
Interdiscount bestätigt das Leistungslohnsystem. Der Lohn schwankt somit monatlich. Man achte aber darauf, dass unter dem Strich mindestens der Referenzlohn gemäss Gesamtarbeitsvertrag (GAV) von Coop ausbezahlt wird. Für Verkäufer mit Ausbildung liegt dieser bei mindestens 4000 Franken. «Die Einhaltung der Referenzlöhne wird zwei- bis dreimal jährlich kontrolliert und wo nötig angepasst», so eine Sprecherin. Bei hohen Prämien kann der Referenzlohn auch übertroffen werden.
Die Gewerkschaften kritisieren die Leistungslöhne. «Sie sind für die Verkäufer ein grosser Stress», sagt Anne Rubin von der Unia. Mitarbeiter müssten hohe Prämien erwirtschaften, da sie sonst mit so tiefen Löhnen kaum durchs Leben kämen. «Arbeitgeber verkaufen Prämien als Motivation, dabei geht es ums Überleben.» Keine Prämienlöhne gibt es bei der Migros. Dennoch sind sie laut Unia nicht selten. Diese Tendenz verbreite sich, vor allem in Firmen ohne GAV. Für Rubin ist klar: «Es braucht Festlöhne, von denen man leben kann.»