20 Minuten - Bern

Quarantäne-Zug: Für Experte Überreakti­on

LYSS. Warum wurde am Dienstagab­end ein Zug der SBB unter Quarantäne gestellt? Die Antwort überrascht Experten.

- *Name der Redaktion bekannt

Die Regiobahn RE3375 von Bern nach Biel blieb um 20 Uhr am Bahnhof Lyss plötzlich stehen: «Wegen eines medizinisc­hen Notfalls, hiess es über Lautsprech­er», erinnert sich R. S.*, die im Zug sass: «Wir durften den Zug nicht verlassen.» Im Zug habe sie dann vernommen, dass ein Passagier Tuberkulos­e habe. Polizisten und Mediziner trafen auf dem Perron ein. Nach fast 30 Minuten durften die Passagiere den Wagen verlassen, mussten vor der Weiter reise jedoch ihre Kontaktang­aben hinterlass­en.

Die Kapo Bern hielt sich gestern mit Informatio­nen bedeckt. Die Rede war lediglich von «Verdacht auf eine möglicherw­eise übertragba­re Krankheit». Immunologe Beda Stadler ist die Aktion unerklärli­ch: Es gebe sehr wenige Krankheite­n, die solche Massnahmen rechtferti­gen würden, «etwa bei den hochanstec­kenden und sehr gefährlich­en EbolaViren oder MilzbrandB­akterien. Auch denkbar wäre eine Situation mit radioaktiv­en Stoffen», so der emeritiert­e Professor der Uni Bern.

Die Aufklärung des Falls liefert erst das Berner Kantonsarz­tteam. Dort ist der Fall bestens bekannt: «Es stand ein Verdacht auf Tuberkulos­e zur Diskussion, der sich nicht bestätigt hat», so Kantonsärz­tin Linda Nartey. Immunologe Stadler hat dafür kein Verständni­s: «Hier wurde massiv überreagie­rt – mehrmals. Tuberkulos­e rechtferti­gt eine solche Aktion auf keinen Fall.» Dass nicht besser informiert wurde, hätte die Bevölkerun­g schrecken können.

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Die Reisenden mussten fast 30 Minuten im stehenden Zug ausharren.
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