Extreme Gesund-Esser füllen die Arztpraxen
ZÜRICH. Gesundes Essen ist im Trend. Doch vielen beschert es Magen- und Darmprobleme.
Sellerie-Smoothie, Hummus, Edamame: Ärzte behandeln zunehmend junge Patienten, weil diese sich nur noch von Rohkost und InstaFood ernähren. Folge: Dauerblähungen, Magenkrämpfe oder ein Reizdarm. Ein Spezialist sagt: «Im Glauben, sich besonders gesund zu ernähren, manövrieren sich einige Betroffene in eine ungesunde Ernährung hinein.»
Auf Social Media feiern Influencer mit Avocado-Salaten und Sellerie-Smoothies den gesunden Lifestyle. Doch viele junge Menschen landen wegen solcher Ernährung beim MagenDarm-Spezialisten. «Weil sie nur noch essen, was selbst ernannte Ernährungsapostel vorgeben, sind Patienten zunehmend im Speiseplan eingeschränkt und von Beschwerden betroffen», sagt Gastroenterologe Florian Riniker. Meist hätten Betroffene vor allem rohes Gemüse und Früchte gegessen: «Sie leiden unter Blähungen und Magenkrämpfen.» Im Extremfall seien Patientinnen auch abgemagert. «Eine junge Frau hatte nur noch Hummus und Rüebli gegessen.»
Auch Gastroenterologe Robert Bründler sagt: «Ich behandle zunehmend Reizdarmbeschwerden aufgrund von Rohkost.» Diese enthalte viele Gäralkohole und -zucker, was Blähungen, Krämpfe und Durchfall auslösen und zu einem Reizdarm führen könne. Wohl beeinflusst von Influencern, glaubten die Betroffenen, sich besonders gesund zu ernähren.
Zahlen aus Deutschland bestätigen den Trend. Laut dem BarmerArztreport 2019 stieg die Zahl der Reizdarmsyndrome bei den 23- bis 27-Jährigen um 70 Prozent. Dazu könnten ver
änderte Ernährungsgewohnheiten beigetragen haben. Für die Schweiz liegen keine offiziellen Zahlen vor. Foodbloggerin Sylwina kennt die Probleme. «Die Rohkosternährung musste ich nach zwei Tagen abbrechen.» Sie habe nur noch Gurken, Avocados und Co. verdrückt: «Ich fühlte mich voll und aufgebläht, obwohl ich Hunger hatte.»