Eine Studie heizt die Pestizid-Debatte an
BERN. Ein Labor fand etliche Pestizide im Urin von Schweizern. Experten erklären, was das für unsere Gesundheit bedeutet.
Glyphosat, Chlorothalonil und Naphtalin: Die Liste möglicherweise krebserregender und teils verbotener Stoffe, die bei einem Test des Magazins «Gesundheitstipp» im Urin von 30 Personen aus der ganzen Schweiz gefunden worden sind, ist lang. Die Proben wurden auf 60 Pestizide untersucht. Bei jedem Teilnehmer fanden sich Rückstände von mindestens fünf Pflanzenschutzmitteln – bei einer Frau (31) aus Baden waren es nicht weniger als 17.
Nachgewiesen wurden in allen Proben Rückstände von Chlorpyrifos. Das Insektizid ist in der Schweiz ab Juli verboten, in der EU seit Februar.
Auch Glyphosat, ein Unkrautvertilger, liess sich in fast jeder dritten Probe nachweisen. Rückstände fanden sich auch im Urin von Probanden, die sich eine Woche vor dem Test nur bio verpflegten.
Für Biologe Caspar Bijleveld ist das Ergebnis erschreckend: «Das Resultat zeigt, dass man sich den giftigen Stoffen nicht entziehen kann – selbst wenn man sich biologisch ernährt. Die Industrie bringt schnell neue Pflanzenschutzmittel auf den Markt. 20 Jahre später merkt man, dass sie doch gefährlich sind, und nimmt sie vom Markt.» Er sagt zudem: «Das Problem ist der Cocktail-Effekt: Niemand weiss, ob sich die Stoffe im Zusammenspiel im Körper verstärken.»
Anderer Meinung ist Michael Arand vom Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Uni Zürich. «Mit den heutigen Analysemethoden finden Sie auch auf der Spitze des Säntis noch Spuren von Pestiziden im Schnee. Das heisst aber nicht, dass sie schädlich für den menschlichen Organismus sind.» Er ist überzeugt: «Wir leben in einer extrem protektiven Gesellschaft. Wenn bei einem Stoff bei Tierversuchen eine Gesundheitsgefährdung festgestellt wird, wird oft bereits die hundert- oder tausendfach geringere Menge als Richtwert für Menschen festgelegt.»