Ex-Häftling rächt sich an Staatsanwalt
ZÜRICH. In einer Nachverhandlung wurde Damir Kocan (43) zu einer kürzeren Haftstrafe verurteilt – eine Entschädigung für die Überhaft erhält er jedoch nicht.
51 Monate lang sass Damir Kocan (43) in U-Haft in einer rund 10 Quadratmeter grossen Zelle. Diesen August wurde Kocan zu drei Jahren Haft verurteilt.
Eine Entschädigung für die 15 Monate zu viel erhält er nicht, obwohl er Anspruch auf 90000 Franken hätte. Dafür rächte sich Kocan nun auf anderem Weg: Mit zahlreichen Plakaten und Flyern verunglimpfte er den Staatsanwalt in seiner Wohngemeinde satirisch – dafür kassierte er ein Rayonverbot.
Damir Kocan sass vier Jahre und drei Monate ohne Aussenkontakt in Zürcher Gefängnissen in U-Haft – meistens allein, manchmal zu zweit in einer 10-Quadratmeter-Zelle. «Diese Zeit hinterliess Spuren: Meine Ehe ging in die Brüche, mit meinem heute 15-jährigen Sohn hatte ich lange gar keinen Kontakt, ich leide an Panikattacken und muss Antidepressiva nehmen», sagt er. Kocan sass vom 8. April 2014 bis zum 30. Juni 2018 wegen Verdachts auf Betäubungsmitteldelikte in Haft. Davor hatte ihn die Staatsanwaltschaft eineinhalb Jahre überwacht. Im April 2014 stürmte ein Polizeikommando frühmorgens seine Wohnung – Drogen fanden sie nicht. Im schriftlichen Urteil, das 20Minuten vorliegt, können keine Beweise für Drogenhandel aufgeführt werden. Trotzdem wurde Kocan 2017 vom Obergericht zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt.
Da das Urteil noch nicht rechtskräftig war, blieb Kocan in U-Haft. Erst eine Beschwerde beim Bundesgericht brachte ihm im Juni 2018 die Freiheit. Der Fall wurde darauf im August 2020 vom Zürcher Obergericht neu aufgerollt und Kocan erneut für schuldig befunden. Dieses Mal fiel das Urteil aber milder aus: drei statt fünfeinhalb Jahre Freiheitsstrafe. Eine Entschädigung für die 15 Monate, die er zu lange im Gefängnis verbracht hat, erhält er nicht, obwohl er Anspruch auf 90000 Franken hätte. Kocan pocht auf seine Unschuld und will das Urteil nun ans Bundesgericht ziehen. Es gehe ihm dabei um Gerechtigkeit.
Wie Erich Wenzinger, Leiter Kommunikation der Oberstaatsanwaltschaft Zürich, sagt, richtet sich die Anordnung von U-Haft nach den Vorgaben der Schweizerischen Strafprozessordnung. «Die Strafverfolgungsbehörden sind verpflichtet, bei einem dringenden Tatverdacht sowie mindestens einem weiteren Haftgrund U-Haft zu beantragen.»