«Ich bin polyamourös – aber nur ganz kurz!»
ZÜRICH. Bruce’ Ferienflirt entwickelt sich überraschend zu einer Dreiecksbeziehung. Bis alles in die Brüche geht.
Am Bahnhof steht plötzlich Laura vor mir. Ich habe sie seit Jahren nicht mehr gesehen. Wir plaudern kurz. Dann muss sie auf den Zug. Und ich bin im Kopf wieder in Südfrankreich im Sommer 2017. Damals habe ich Laura und Stefan in einer Bar kennen gelernt. Sie waren ein Paar – trotzdem knisterte die Luft zwischen uns. Irgendwann gingen wir in Lauras und Stefans Wohnung. Als Stefan auf dem Klo verschwand, begann mich Laura zu küssen. Nach fünf Minuten merkte ich, dass Stefan uns zuschaute. Dann setzte er sich zu uns und wir machten gemeinsam rum. Wir begannen uns auszuziehen und hatten auf einem hässlichen Sofa Sex. Trotz des fürchterlichen Katers am nächsten Tag ging mir der Abend nicht aus dem Kopf. Nach ihrer Abreise whatsappte ich jeden Tag mit den beiden. Als auch ich aus den Ferien zurück war, verabredeten wir uns zum Znacht. Gegessen wurde an diesem Abend nicht viel, die Fleischeslust kam aber nicht zu kurz. Von da an sahen wir uns jede Woche und begannen, zu dritt so Pärchensachen zu unternehmen. Es war immer klar, dass ich in der Beziehung nur der Gast war. Wir sprachen nicht darüber, aber irgendwie hatte ich den Eindruck, dass die beiden durch mich einen neuen Frühling in ihrem Beziehungsspätsommer erlebten. Bis der Winter hereinbrach: Eines Abends rief mich ein weinender Stefan an und berichtete mir, dass sie sich getrennt haben. Warum es aus war, habe ich bis heute nicht ganz verstanden. Wahrscheinlich war ich wie das Kind, das die Beziehung noch eine Weile übers Ablaufdatum hinaus gekittet hatte. Nach unserer Trennung haben wir uns nie mehr gesehen. Bis zu dem Moment, als ich Laura am Bahnhof sah, sie umarmte und den vertrauten Geruch ihrer haselnussbraunen Haare einatmete. Ich weiss: Auf Dauer hätte unsere Dreierkiste nie funktionieren können. Aber genau deshalb wird es mir so nostalgisch warm ums Herz, wenn ich an die schöne Zeit zurückdenke.