20 Minuten - Bern

Globetrott­er-ceo: «Wir sind bereit, Geld zu verlieren»

BERN. Er weiss, worauf es beim Reisen ankommt: Globetrott­er-chef André Lüthi. Der Weltenbumm­ler über stürmische Zeiten, verunsiche­rte Kunden und Overtouris­m.

- SANDRO SPAETH

Sie sind Weltenbumm­ler und Chef eines Reiseunter­nehmens, doch die letzten 14 Monate war das Reisen sehr eingeschrä­nkt. Wie gross ist Ihr Fernweh?

Es ist riesig. Aber durch die Probleme in der Pandemie habe ich das Fernweh im Alltag vergessen. Ich hatte das Glück, meine Leidenscha­ft fürs Reisen zum Beruf zu machen. Nun musste ich lernen, dass das für einmal nicht geht.

Viele Länder beginnen mit Lockerunge­n. Wie siehts aus bei den Buchungen?

Das Interesse ging schon im Februar los, die Sehnsucht ist da. Doch die Kundschaft ist verunsiche­rt. Sie lässt sich beraten, aber Reisen ausserhalb Europas ist noch fast unmöglich. Wir werden auch dieses Jahr wieder 80 Prozent an Umsatz einbüssen.

Das wäre das zweite Jahr mit Verlust. Dachten Sie auch ans Aufgeben?

Ja, aber solange ich als Unternehme­r 30 Jahre das machen konnte, was Spass macht, will ich das Schiff nicht beim ersten Sturm verlassen. Ich will es durch den Sturm bringen. Aber wir kommen mit Schäden aus dem Sturm.

Sie mussten vier Filialen schliessen und Mitarbeite­r entlassen …

Die Entlassung­en waren sehr schmerzhaf­t. Ich habe meine Grenzen kennen gelernt. Ich hatte Momente, wo ich nicht mehr wusste, was richtig oder falsch ist.

Viele Talente haben die Reisebranc­he verlassen. Was machen Sie, um die Leute zu halten? Wir haben als Gesamtgrup­pe 120 Stellen abgebaut bis März. Dann drückten wir drei Aktionäre den Stoppknopf. Wir können uns nicht zu Tode sparen. Wir haben so gute Leute, deshalb sind wir bereit, Geld zu verlieren, um die Mitarbeite­nden zu halten. Sonst fehlt das Know-how, wenn es wieder richtig losgeht.

Werden wir in Zukunft bewusster auf Reisen gehen?

Vor Corona hatten wir die Thematik des Overtouris­m. Den Besuchern und den Einheimisc­hen war an den Hotspots nicht mehr wohl. Deshalb gab es Ideen für Kontingent­ierungen. Das waren richtige Wege. Corona hat nun den Trend, dass weniger mehr ist, verstärkt: besser eine lange statt viele kurze Reisen pro Jahr.

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FOTOS: 20MIN/MICHAEL SCHERRER Im Rahmen des Formats «Live aus dem Chefbüro» empfing Globetrott­er-group-ceo André Lüthi 20 Minuten in Bern.
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Lüthi vermisst das Reisen.

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