Wer will, kommt leicht zur dritten Impfung
BERN. Derzeit gibt es keine Zulassung für eine dritte Impfung. Kontrolliert wird das aber nicht – wer will, bekommt sie problemlos.
ZÜRICH. Die Schweiz kennt kein Impfregister. Die Folge: Die Kantone wissen nicht, ob Impfwillige bereits andernorts doppelt geimpft wurden. Das könnte Personen, die sich um ein Nachlassen ihres Impfschutzes sorgen, dazu bewegen, sich in einem anderen Kanton einen dritten Shot zu holen. Verantwortliche gehen davon aus, dass das in Einzelfällen bereits passiert ist.
«Sollte eine Auffrischimpfung nötig sein, könnten wir schnell loslegen», sagte Virginie Masserey vom BAG kürzlich zu 20 Minuten. Manche spekulieren derweil darüber, ob sie sich nicht bereits in der regulären Impfkampagne den dritten «Shot» abholen könnten. Ein Versuch zeigt: Das ist problemlos möglich. Ein doppelt geimpfter 20-Minuten-redaktor meldete sich nochmals im Thurgau an. Dies erkannte das System: Registrierung nicht möglich. Im Kanton Zürich klappte es dann. Auch die Anmeldung eines in Zürich bereits doppelt Geimpften im Kanton St. Gallen klappte. Bei der Zürcher Gesundheitsdirektion heisst es: «Ein nationales Impfregister, das einen solchen Impftourismus allenfalls verhindern würde, existiert nicht.» Man geht in Zürich aber nicht von einem Massenphänomen aus: «Wenn überhaupt, kommt das wohl nur sehr selten vor», so der Sprecher. Der Basler Kantonsarzt Thomas Steffen geht davon aus, dass es «zumindest Einzelfälle gibt».
Was nach einer Spielerei tönt, ist nicht harmlos: Eine Drittimpfung muss erst von Swissmedic zugelassen und vom Bund empfohlen werden. «Wir empfehlen nichts, was wir nicht eingehend geprüft haben», sagte Masserey. Dazu kommt, dass Drittimpfungen bei den Kantonen als Erstimpfungen verbucht werden, was die Statistik zur Impfquote verfälschen kann.
Das BAG weiss also gar nicht, wer schon geimpft ist. Sprecher Grégoire Gogniat bestätigt: «Es gibt keine nationale Impfdatenbank. Das BAG erhält nur anonymisierte Daten von den Kantonen, um die Impfquote zu berechnen.» Ex-bag-vizedirektor Andreas Faller findet es «höchst
fragwürdig», dass Datenschutzgründe ein nationales Impfregister verunmöglichen. Aus juristischer Sicht ist die Anmeldung zu einer dritten Impfung nicht ohne Risiko. Rechtsanwalt Philipp Vonrüti: «Nicht nur im Strafgesetzbuch, sondern auch in anderen verwaltungsrechtlichen Erlassen finden sich Strafbestimmungen, die erfüllt sein könnten.»