20 Minuten - Bern

Hat der Bundesrat zu brutal kommunizie­rt?

BERN. Laut dem Bundesrat ist klar, dass Ungeimpfte nicht mehr geschützt werden. Nun wird diese Aussage scharf kritisiert.

- BETTINA ZANNI

KONTROVERS Die Schweiz steht in der Pandemie an einem Scheideweg. «Nicht Geimpfte können sich nicht mehr darauf verlassen, dass sie einen Schutz seitens Bund beanspruch­en können», so Gesundheit­sminister Alain Berset am Mittwoch. Bag-krisenmana­ger Patrick Mathys doppelt nach: «Wir nehmen in Kauf, dass es zusätzlich­e Hospitalis­ierungen gibt.» Man müsse mit Todesfälle­n rechnen.

Die Krisenmana­gerin Beatrice Tschanz übt Kritik am Auftritt: «Es schockiert­e mich etwas, als ich diese Worte hörte», sagt sie. Sie habe die Rhetorik als unsensibel, hilflos und schwarzmal­erisch wahrgenomm­en. «Dabei kann man in der Krisenkomm­unikation nicht sensibel genug sein.» Für Tschanz steht fest, dass Druck Gegendruck erzeugt. «Die

Eskalation zwischen Geimpften und nicht Geimpften sollte nicht angeheizt, sondern entschärft werden.» Die Regierung müsse aufpassen, dass es nicht zu einer Spaltung der Gesellscha­ft komme.

Auch Parlamenta­rierinnen und Parlamenta­rier beschäftig­ten die Worte. «Alain Berset kommunizie­rte sehr offen und ehrlich», sagt Sp-nationalrä­tin Yvonne Feri. Härter ins Gericht geht Svp-nationalra­t Thomas Aeschi. «Die Kommunikat­ion war schlecht vorbereite­t», sagt er. Der Bundesrat habe unnötig dramatisie­rt.

Lob erntet der Bundesrat von einem ethischen Standpunkt aus. «Ich nehme die Worte als ehrlich wahr», sagt Nikola Biller-adorno, Direktorin des Instituts für Biomedizin­ische Ethik der Universitä­t Zürich. «Wie sich die Situation weiterentw­ickelt, wissen wir alle nicht, und daher ist es wichtig, nicht naiv und unbedacht zuzuwarten, bis sich die Situation im Herbst möglicherw­eise wieder verschärft.»

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YOUTUBE Eckt mit deutlichen Worten an: Sp-bundesrat Alain Berset.

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