Ueli Maurer stellte sich der Community
BERN. 20 Minuten hat Finanzminister Ueli Maurer zum Interview getroffen. Dabei hat der Svpbundesrat auch Fragen aus der Community beantwortet.
Der Bundesrat hat bekannt gegeben, dass er die Covid-zertifikatspflicht für Restaurants möchte. Das wird die Schweiz weiter spalten …
Noch ist nichts definitiv entschieden. Wir müssen jetzt darauf achten, woher die Infektionen kommen. Es gibt wenig Hinweise darauf, dass Ansteckungen im Restaurant passieren. Mit den Ferien sind die Infektionen vor allem importiert worden. Dort müssen wir kontrollieren und nicht erst in Restaurants oder Stadien.
Wird die Bevölkerung bei der Zertifikatspflicht für die Beiz mitmachen?
Die Gesellschaft braucht Kontakte. Wenn man das unterdrückt und durchs obligatorische Zertifikat eine Zweiklassengesellschaft einführt, wird es schwierig. Viele Leute würden sich das Covidzertifikat nicht bieten lassen. Es gäbe massive Konfrontationen und dazwischen Tausende Beizer, die als Hilfspolizisten einen Bundesratsentscheid durchsetzen sollten. Der Bundesrat muss sich so einen Schritt gut überlegen.
Corona hat der Schweiz einen Schuldenberg von 25 Milliarden Franken beschert. Das muss Sie als Finanzminister besonders schmerzen …
Ja, das tut es. Nun braucht es Disziplin. Wir müssen die Corona-schulden in ungefähr acht Jahren abbauen. Dann sind noch diejenigen Politiker für den Schuldenabbau zuständig, die sich für die Schulden entschieden haben. Die nächste Generation wird schon genug finanzielle Probleme haben.
Ende September stimmen wir über die 99-Prozent-initiative ab. Sie hat laut den Initianten das Ziel, Kapital «gerecht» zu besteuern. Sie sind gegen die Initiative, also auch gegen Gerechtigkeit?
Ich bin für Gerechtigkeit. Die Initiative will, dass man das Kapital steuerlich 50 Prozent höher gewichtet als Löhne. Das ist ungerecht. Die Initiative wird nicht aufgehen, weil über 40 Prozent der Bevölkerung in der Schweiz keine direkte Bundessteuer zahlen. Im Gegenzug kommt 1 Prozent der Bevölkerung für 43 Prozent der Bundessteuer auf. Es gibt schon eine massive Umverteilung. Mehr geht nicht, sonst wird es ungerecht.
Leserin Natacha: Wie gross ist die Gefahr, dass Reiche nach einem Ja zur Vorlage die Schweiz verlassen?
Das ist schwierig zu beurteilen. Manche sind an die Schweiz gebunden und würden die höheren Steuern schlucken. Aber Kapital ist beweglich, die Gefahr besteht durchaus, dass die Reichen weggehen. Je mehr Reiche wir haben, die Steuern zahlen, umso mehr können wir die anderen entlasten.
Leser Andy: Mit unseren Löhnen kommen wir knapp über die Runden. Ferien hatten wir seit fünf Jahren nicht mehr. Wissen Sie, wie es ist, mit wenig Geld leben zu müssen?
Ich weiss das sehr gut. Ich habe sechs Kinder, da hatten wir auch eine Phase, in der wir zehn Jahre nicht in die Ferien gehen konnten. Es war aber trotzdem eine schöne Zeit, Geld ist nicht alles auf der Welt.
Leser Stefan: Was spricht dagegen, die 99-Prozent Initiative auf fünf Jahre zu befristen? So würde man sehen, welche Auswirkungen die Vorlage hat.
Ich würde der Politik nicht trauen. Wenn die Politik mal Steuern einzieht, werden die nie mehr abgeschafft. Da würde ich keine Experimente machen wollen.
Sie sind im 13. Jahr als Bundesrat. Haben Sie noch «Lust drauf»?
Der Job wurde spannender, weil die Herausforderungen grösser sind. Ich wäre eigentlich pensioniert, deshalb ist es fast wie ein Hobby für mich. Aber ein Hobby muss spannend sein. Fürs Briefmarkensammeln bin ich noch nicht so weit. Wenn es mir keinen Spass mehr macht, mache ich etwas anderes.