LASS ES RAUS, VERDAMMT!
Wüste Wörter, woher sie kommen und warum du öfter fluchen solltest
«Gopferdammi» sagt man nicht? Eben doch. Wir fluchen alle, ständig – und das passiert ganz automatisch. Denn im Gegensatz zur restlichen Sprache können wir Flüche nicht kontrollieren. Weil Fluchen nicht im Sprechareal unseres Gehirns, sondern im limbischen System angesiedelt ist. Also dem Teil des Gehirns, der sich um die Gefühle kümmert. Du entscheidest dich also nicht bewusst fürs Fluchen, sondern reagierst lediglich auf einen Impuls. Du stösst dir den Zeh an der Bettkante, es tut weh, das «Scheisse, verdammt!» kommt ganz automatisch. Warum wir das tun? Weil es hilft, den Schmerz zu lindern. Das zeigen jedenfalls Studien des amerikanischen Psychologen Richard Stephens. Er liess Probandinnen beispielsweise die Hände in ein Eisbad stecken. Wer beim Experiment fluchte, konnte die Kälte besser ertragen als die anderen. Wir fluchen jedoch nicht nur bei Schmerzen, sondern auch in Stresssituationen. Fluchen hilft uns, Stress abzubauen, und dient als Ventil für negative Emotionen. Das gilt übrigens auch für Schimpfwörter, die im Gegensatz zum Fluchwort nicht auf eine Situation reagieren, sondern gegen eine Person gerichtet sind.
Was wir wettern und anderen an den Kopf werfen, ist von Land zu Land unterschiedlich. Weil jede Kultur etwas anderes als grösstes Tabu betrachtet. Beim Fluchen und Schimpfen geht es nämlich in erster Linie um den Tabubruch. Je grösser dieser ist, desto besser. «Fuck!» fühlt sich halt einfach besser an als «Verflixt!».
GOTTESLÄSTERUNG
In unserer von Kirche und Religion dominierten Vergangenheit mussten Gott und alles Himmlische oft für einen Wutausbruch herhalten. Flüche wie «Heilandsakramänt» oder «Himmelherrgottnomol» wurden jedoch mit dem schwindenden Einfluss der Kirche hierzulande durch andere ersetzt. «Gopferdammi» oder abgeschwächte Varianten wie «Gopfertori» und «Gopfertelli» halten sich trotzdem hartnäckig. Die grössten «Gottesflucher» sind übrigens die Italiener. Flüche wie «porco dio» (Schweinsgott) oder «porca madonna» (Schweinsmadonna) zeigen, wie stark diese Gesellschaft durch den Einfluss der Religion geprägt ist.
SEX & GENITALIEN
Beschimpfungen rund ums Thema Sex und Genitalien sind in Ländern besonders beliebt, die nach aussen eine hohe Sexualmoral leben oder durch starke patriarchale Strukturen geprägt sind, wie die USA oder die Türkei. Gerne werden die sexuellen Anspielungen auch noch mit einem ödipalen Touch versehen. Das Paradebeispiel ist «Motherfucker». Durch den starken Einfluss des Englischen schleichen sich heutzutage jedoch immer mehr englifluchwörter sche in den deutschen Sprachgebrauch ein. «Fuck» löst bei Jugendlichen zum Beispiel langsam das Schweizer Lieblingsfluchwort «Scheisse» ab.
FÄKALIEN
Menschen, die gerne beim Fluchen mit analem Vokabular und Fäkalbegriffen um sich schmeissen, wird nachgesagt, einen besonders starken Ordnungs- und Reinlichkeitssinn zu haben. Deshalb verwundert es auch nicht, dass im deutschen Sprachraum der absolute Spitzenreiter unter den Fluchwörtern «Scheisse» ist. Hierzu«schissdräck», lande sagt man auch gerne wenn «die Kacke, so richtig am Dampfen ist», wie man in Deutschland so schön sagt. Wir Schweizer fluchen also oft unter der Gürtellinie und beschimpfen uns dabei auch gerne als «Arschlöcher», «Arschgiige» oder «Füdlibürger».
TIERE
Seit Jahrtausenden werfen wir uns Tiernamen an den Kopf. Auch die Bibel ist voll mit «Hunden» und «Schlangen». Doch warum muss die Tierwelt dafür herhalten? Die können schliesslich nichts dafür. Das liegt laut Experten daran, dass wir Tiere oft vermenschlichen. Im positiven, wie im negativen Sinn. Das passiert vor allem dann, wenn es emotional wird: Im positiven Fall bist du das «Müüsli», im negativen die «dumme Sau». Generell gelten Tiere in unserer Gesellschaft als minderwertig. Das macht es so reizhaft jemanden als «Chue», «Sauniggel» oder «Schoofseckel» zu beschimpfen.
RANDOM
Obwohl oft Tabus eine Rolle spielen, kann jedes Wort zum Schimpfwort werden – auch ein Name. Eine Zeit lang geisterte etwa «huere Michi» herum. Das verwenden von Spitznamen als Beschimpfung kommt aus der Zeit, als das Bildungsbürgertum die lange Form der Namen benutzte, Bedienstete und Menschen vom Land die Kurzform, also Michi. Zudem ist der Name in der Schweiz weit verbreitet. Die Chance ist gross, dass man einen Michi kennt, den man nicht mag. Aber auch Gegenstände können zum Schimpfwort werden. Zum Beispiel «Halbschueh», «Pflock» oder gerade sehr beliebt: «Lauch».