LIPPENSTIFT
Bereits im alten Ägypten und in der römischen Antike färbten sich Frauen ihre Lippen rot – mit Pomaden aus Käfern und Läusen. Die feinen Damen im antiken Griechenland hingegen hätten sich nie mit gefärbten Lippen in der Öffentlichkeit gezeigt. Nur Prostituierte trugen dazumal rote Lippen – weil sie mussten: Damit die Männer sie von den «edlen» Frauen unterscheiden konnten. Auch im Mittelalter galten rote Lippen als Sünde. 1770 verabschiedete das englische Parlament sogar ein Gesetz, wonach Ehen annulliert werden konnten, wenn der Mann seine Frau mit rot gefärbten Lippen erwischte. Auch als über hundert Jahre später ein Pariser Parfümhersteller auf der Weltausstellung in Amsterdam einen in Seidenpapier gewickelten Stift aus Rizinusöl, Hirschtalg und Bienenwachs vorstellte, waren die Menschen alles andere als begeistert. Zu gewagt, unhandlich und teuer, lautete das Urteil über den ersten Lippenstift. 1910 packte der Parfümhersteller Guerlain das Produkt in eine praktische Metallhülse mit Schiebemechanismus.
Gerade weil das Tragen von Lippenstift lange als Sünde galt, wurde das Produkt im frühen 20. Jahrhundert zum Zeichen weiblicher Rebellion. Die New Yorker Suffragetten schminkten sich 1912 bei ihrem Protestmarsch beispielsweise öffentlich die Lippen rot. Und spätestens nachdem in den 50ern Schauspielerinnen wie Marilyn Monroe den roten Lippen den Hollywood-glamour verliehen, war der Lippenstift nicht mehr aufzuhalten.