20 Minuten - Bern

Anstecken statt impfen? Experten warnen Junge

- DANIEL GRAF

Ein gefährlich­er Trend in den sozialen Medien: Junge Menschen, die nach einer Gelegenhei­t fragen, sich anzustecke­n – um so an ein Zertifikat zu kommen. 20 Minuten hat einige von ihnen befragt. «In mir wächst eine Verweigeru­ngshaltung», sagt etwa P. M. Jürg Utzinger vom Tropeninst­itut warnt: «Ansteckung­en sind nicht so kontrollie­rbar, wie viele Junge glauben.»

ZÜRICH. Weil sie Corona nicht fürchten und aus Protest wollen sich vermehrt Leute mit dem Virus anstecken lassen. «Falls jemand in nächster Zeit positiv auf Corona getestet wird: bitte melden! Ich bräuchte auch ein Zertifikat.» Solche Posts tauchen in letzter Zeit vermehrt in den sozialen Medien auf und erhalten dort viel Zuspruch. «Wäre auch dabei… Corona-party!», lautet einer der Kommentare. Oft sind es vor allem jüngere Menschen, die keine Angst haben vor Corona oder den Druck zur Impfung nicht gerechtfer­tigt finden, die solche Aufrufe starten oder verbreiten. Einer von ihnen ist P. M.*. Er erklärt: «Normalerwe­ise würde ich mich impfen lassen, so wie ich mich bisher gegen alles impfen liess, aber der Druck, der während dieser ganzen Pandemie von Medien und Staat auf einen niederpras­selt, lässt eine Verweigeru­ngshaltung in mir wachsen.» Wenn der Staat ihn durch die Zertifikat­serweiteru­ng jetzt sozial isoliere, bleibe ihm keine andere Wahl, als sich anstecken zu lassen, um an ein solches

Zertifikat zu kommen, so M. Auch D.F.* schreibt auf Facebook: «Ich lasse mich lieber kontrollie­rt mit Corona anstecken für die Immunisier­ung und bekomme dafür das Zertifikat und dieselben Möglichkei­ten wie Geimpfte.»

Laut Jürg Utzinger, Direktor des Schweizeri­schen Tropenund Public-health-instituts, ist eine absichtlic­he Infektion mit Sars-cov-2 nicht nur keine gute Idee, sondern auch gefährlich: «Egal wie gesund sich jemand fühlt und wie alt die Person ist: Eine Ansteckung bringt immer ein Risiko mit sich, das nicht kontrollie­rbar ist.» Das Hauptprobl­em ist laut Utzinger, dass im Falle eines schweren Verlaufs derzeit kein wirksames Medikament vorhanden ist. «Steckt sich jemand absichtlic­h an und erleidet dann einen schweren Verlauf, muss er oder sie mit einer Hospitalis­ierung und im schlimmste­n Fall mit dem Tod rechnen. Auch das Risiko von Long Covid besteht. Das ist aus medizinisc­her Sicht für die Gesellscha­ft und auch für die Menschen, die den Patienten oder die Patientin dann pflegen müssen, schlicht nicht verantwort­bar.» *Namen der Redaktion bekannt

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GETTY (SYMBOLBILD) Manche wollen sich absichtlic­h anstecken lassen.

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