Ständig Quarantäne: So leiden Kinder
ZÜRICH. Ganze Klassen sitzen zurzeit in Quarantäne. Eine Lehrerin und Pro Juventute sorgen sich um die Kinder.
Als Primarlehrerin M.H. ihre Klasse in Quarantäne schicken muss, bekommen einige der Kinder einen Weinkrampf. Sie sind mit ihrem Stress nicht allein. Eltern stossen an ihre Grenzen, auch beruflich. Nicht wenige müssen ihre Kindern in solchen Fällen allein zu Hause lassen. Pro Juventute warnt vor der «psychischen Belastung» für Familien, und fordert weniger einschneidende Massnahmen als Schulschliessungen.
Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht Schülerinnen und Schüler, oder sogar ganze Klassen in Quarantäne geschickt werden. Allein in den Kantonen Aargau und Zürich sind derzeit über 2000 Schülerinnen und Schüler in Quarantäne. Was das für die betroffenen Kinder bedeuten kann, schildert die Primarlehrerin M. H.*. Weil drei ihrer Schülerinnen und Schüler positiv getestet wurden, musste die ganze Klasse in Quarantäne. «Ein Mädchen, das bereits zum vierten Mal in Quarantäne musste, wurde von Weinkrämpfen geschüttelt.» Zwei weitere Kinder seien ebenfalls in Tränen ausgebrochen. H. ist überzeugt: «Der seelische Schaden, den die Quarantäne und die Massnahmen anrichten, sind enorm und müssen in einem gesunden Verhältnis stehen.» Kinder seien keine Corona-risikogruppe.
Für H. ist fragwürdig, dass ganze Klassen in Quarantäne müssten, wenn nur Einzelne positiv getestet würden. «Kinder, die negativ sind, sollten unter Einhaltung erhöhter Massnahmen weiter zur Schule dürfen.» H. kann sich etwa eine befristete Maskenpflicht oder ein wiederholtes Testen vorstellen.
Für Pro Juventute ist es unverständlich, dass nicht weniger einschneidende Massdeos nahmen als Quarantäne und Schulschliessungen im Vordergrund stehen. «Für die Kinder und Eltern sind diese Massnahmen eine starke psychische Belastung», erklärt Sprecherin Lulzana Musliu. Gerade für berufstätige Eltern sei dies eine Herkulesaufgabe. Einige ohne Homeoffice-möglichkeiten müssten ihre Kinder gar allein zu Hause lassen. «Wir sprechen hier von Sieben- bis Achtjährigen, die zum Teil den ganzen Tag allein zu Hause sind.»
Ob einzelne Kinder oder ganze Klassen in Quarantäne müssen, entscheidet der jeweilige Kanton. *Name der Redaktion bekannt