«Die Jamaika-koalition ist für die Schweiz die vorteilhafteste»
BERLIN. Wer folgt auf Angela Merkel? Der ehemalige Schweizer Botschafter in Deutschland, Thomas Borer, schätzt ein.
Herr Borer, am Sonntag wählt Deutschland nach 16 Jahren Bundeskanzlerin Angela Merkel eine neue Regierung. Wer überzeugt Sie zum Schluss des Wahlkampfs als Kanzlerkandidat am meisten?
Meiner Meinung nach wurde Armin Laschet unfair behandelt. Ich habe nie verstanden, wieso er so negativ wahrgenommen wird. Natürlich hat er einige Fehler gemacht. In einer Koalitionsregierung kann er ein Vermittler sein, der aber auch einen eigenen klaren Kompass hat. Und die anderen beiden?
Annalena Baerbock hat sich gut geschlagen – trotz anfänglicher Schwierigkeiten. Sie hat ihre Positionen gut vertreten. Bei Olaf Scholz wundert es mich, wie er über die Skandale hinwegkommt, die ihn immer wieder begleitet haben.
Reden wir über Koalitionen. Welche wäre die Beste?
Die Jamaika-koalition: Union, FDP, Grüne. Weil sie mit der FDP den wirtschaftsliberalen Aspekt aufnimmt und auf der anderen Seite mit den Grünen die Umweltpolitik angeht.
Was halten Sie von der ebenfalls möglichen Deutschlandkoalition SPD, CDU, FDP?
Hier habe ich etwas Angst, dass es wie bis anhin weiter gehen würde. Die Grünen wären nicht vertreten und würden in der Opposition immer extremere Forderungen stellen.
Welche Koalition wäre für die Schweiz die vorteilhafteste? Sicher die Jamaika- oder die Deutschland-koalition. Weil Deutschland für uns der allerwichtigste Handelspartner ist – das Bundesland Baden-württemberg hat für uns fast den gleichen Stellenwert wie China.
Es soll ein knappes Rennen geben. Wie lange wird es dauern, bis eine Regierung steht?
Sollte das Ergebnis so knapp bleiben und deswegen viele Koalitionsmöglichkeiten in Frage kommen, wird die Diskussion möglicherweise bis Weihnachten oder Januar dauern. Dann hat Deutschland solange keine stabile Regierung, was sehr unangenehm ist. Deutschland hat ja noch Mutti.
Ja, für diese Zeit wird sich Angela Merkel wohl einmal mehr zur Verfügung stellen.