Auf Covid-stationen liegen auffällig viele Schwangere
BERN. Schwangere erkranken vermehrt an Covid. Empfahl der Bund die Impfung zu spät? Nein, sagt die Vorsteherin der Schweizer Hebammen.
Aline* erblickte im September in einem Berner Spital das Licht der Welt. Sie kam gesund zur Welt – während ihre Mutter schwer krank war. Im neunten Monat erkrankte die Frau an Covid und litt seither an Atemnot. Trotzdem wollte sie das Kind auf natürliche Weise auf die Welt bringen: «Ich hatte eine Sauerstoffmaske, geriet bei jeder Wehe in Atemnot und Panik», sagt die Bernerin. Nur mit viel Willenskraft gelang es, das Kind ohne Kaiserschnitt auf die Welt zu holen.
Andrea Weber, Geschäftsführerin des Schweizer Hebammenverbands SHV, nennt eine solche Situation einen «SuperGAU»: «Das Kind bekommt den Zustand der Mutter wegen der hohen Stresshormone mit.»
In Schweizer Spitälern müssen derzeit häufiger Covidpositive Schwangere behandelt werden – auch auf Intensivstationen. «In der aktuellen vierten Welle haben wir immer wieder Schwangere oder Patientinnen nach frühzeitiger Entbindung aufgrund einer Covidinfektion auf der Intensivstation», sagt Petra Ming, Sprecherin des Inselspitals. Auch das Unispital Zürich registriert eine Zunahme solcher Fälle.
Aline kam rund einen Monat zu früh zur Welt. Die Mutter ist heute in psychischer Behandlung. Das sei auch die Schuld des BAG. Dieses hat die Impfempfehlung für Schwangere erst am 14. September veröffentlicht. Viel zu spät, findet die Bernerin.
Gemäss Andrea Weber vom SHV ist «Versäumnis» der falsche Ausdruck. Damit würde man den Behörden unrecht tun: «Es ist wichtig, dass Entscheide fundiert und evidenzbasiert geschehen, und das ist in der Schweiz passiert.»