Nach Fehlern: 200 000 Zertifikate widerrufen
ZÜRICH. Zahlen zeigen, dass schon über 200 000 Covid-zertifikate annulliert werden mussten.
BERN. Seit Beginn der Impfkampagne widerriefen die Behörden genau 203 910 Zertifikate für Geimpfte oder Getestete. Mindestens – die Dunkelziffer ist wohl höher. Das eröffnete der Bund aufgrund einer Anfrage per Öffentlichkeitsgesetz. Grund für die Widerrufe waren ungenaue, aber auch bewusst falsche Angaben. Ist der Zertifikat-schwarzmarkt grösser als angenommen?
Seit Beginn der Impfkampagne haben die Kantone und die Impfzentren rund sechs Millionen Zertifikate für vollständig geimpfte Personen ausgestellt. Dabei ging nicht immer alles mit rechten Dingen zu. Neue Zahlen des Bundesamts für Informatik und Telekommunikation zeigen nun: Die Kantone und Aussteller haben bisher 203 910 ausgestellte Zertifikate widerrufen. Dazu zählen auch Zertifikate, die für Genesene und Getestete vergeben wurden – wobei dort die Dunkelziffer noch höher sein dürfte.
Der Grund für das Chaos, besonders zu Beginn der Impfkampagne: Die Daten, mit denen sich die Impfwilligen bei der Online-anmeldung registriert hatten, stimmten nicht mit den amtlichen Daten auf Pass oder ID überein. Alle Angaben müssen absolut präzise sein. Der Bund schreibt, die meisten Rückrufe seien wegen der Erfassung eines falschen Namens – falsch geschrieben, fehlender Zweitname – erfolgt. Dieses Bild bestätigten angefragte Kantone. Der Kanton St. Gallen rief allein in den letzten drei Monaten mehr als 17 050 Impfzertifikate zurück. Hauptsächlich, weil Vornamen oder Nachnamen vergessen wurden oder weil diese von den Angaben im Pass abwichen.
Neben den Zertifikaten, die – unabsichtlich – auf falschen Namen ausgestellt wurden, gibt es auch Fälle, bei denen Zertifikate erschlichen wurden. Der Aktivist Hernani Marques, der die Zertifikatszahlen per Öffentlichkeitsgesetz angefordert hatte, befürchtet, dass der Schwarzmarkt, auf dem man sich ein Impfzertifikat beschaffen kann, viel grösser ist als angenommen. Ihm seien Fälle bekannt, wo ein Zertifikat für 700 Franken zu haben sei.
Für den ehemaligen Bag-vizedirektor Andreas Faller sind diese fehlerhaften Zertifikate sehr heikel: «Sollten im grösseren Stil Zertifikate erschlichen worden sein, dann haben wir ein ernstes Problem.» Für Faller ist klar: «Das BAG muss unbedingt so schnell als möglich komplette Transparenz schaffen.» Eine Anfrage beim BAG blieb gestern unbeantwortet.