Drittimpfung: Politik macht Berset Beine
ZÜRICH. Doppelt geimpft, aber an Corona gestorben: Der Druck auf das BAG in Sachen Drittimpfung wächst.
52 Menschen sind in der Schweiz seit Anfang September trotz doppelter Impfung gestorben. Der Bund empfiehlt eine Drittimpfung zurzeit nur Personen mit massiv geschwächtem Immunsystem.
Das stösst auf Kritik. Ein Teil der Verstorbenen würde wohl noch leben, wenn das BAG eine Empfehlung für Booster-impfungen erlassen hätte, so Glp-nationalrat Bäumle.
«Hätte meine Mutter eine Drittimpfung erhalten, würde sie noch leben.» Davon ist Jack Schmidli überzeugt. Seine Mutter ist am vergangenen Montag trotz doppelter Impfung verstorben. Sie war gemäss der «Sonntagszeitung» eine der ersten Schweizerinnen, die im Dezember 2020 im Kanton Luzern die Impfung erhalten hatte. Damals im Alter von 89 Jahren.
Das BAG empfiehlt eine Boosterimpfung bisher nur Personen mit massiv geschwächtem Immunsystem. Das stösst bei vielen zunehmend auf Kritik. «Ein Teil der 52 seit Anfang verstorbenen doppelt geimpften Personen könnte wohl heute noch leben, wenn das BAG frühzeitig eine Empfehlung für Boosterimpfungen für über 65-Jährige veröffentlicht hätte», sagt Glp-nationalrat Martin Bäumle. Er fordert, dass durch Antikörpertests ermittelt werde, bei wem diese Impfungen zu empfehlen sind. Bäumle kritisiert auch die Kommunikation: «Es ist völlig unklar, wieso genau das BAG zuwartet.»
Der ehemalige BAG-VIZE Andreas Faller sieht es ähnlich: «Man wird in dieser Pandemie das Gefühl nicht los, dass die Behörden immer wieder reagieren, anstatt vorauszudenken und frühzeitig zu handeln.» Seit Monaten werde über Impfdurchbrüche und Boosterimpfungen gesprochen, trotzdem habe das BAG nie kommuniziert, wie man Daten über die Veränderung des Impfschutzes nach der Impfung sammle – so verspiele das BAG viel Vertrauen in die Impfung.
«Das Änderungsgesuch, das für das Verabreichen von Drittimpfungen nötig ist, ist bei uns hängig, und wir arbeiten mit Hochdruck daran», erklärt Lukas Jaggi von der Zulassungsbehörde Swissmedic, warum es so lange dauert. Es unterliege denselben Sicherheitsanforderungen wie das Zulassungsgesuch. «Wir benötigen auch evidenzbasierte, aus kontrollierten Studien stammende Daten.» Das BAG bekräftigt auf Anfrage, dass der Entscheid erst dann gefällt werde, wenn «genug belastbare Daten vorhanden sind».