Müssen Elektroautos bei Stromkrise in Garage bleiben?
BERN. Auch in der Schweiz drohen Einschränkungen für private Ladestationen in einer Stromkrise.
Grossbritannien will privaten Ladestationen ab 2022 während neun Stunden pro Tag den Saft abdrehen, wie die «Times» berichtet. Das soll mögliche Blackouts verhindern. Ähnliche Pläne gibt es auch in Deutschland. Dort warnen Netzbetreiber ebenfalls davor, dass E-autos das Stromnetz überlasten könnten, wie «Focus» schreibt. Auch auf Schweizer Elektroauto-fans könnten harte Zeiten zukommen, denn der Bund warnt zurzeit vor einer gefährlichen Stromknappheit im Winter (20 Minuten berichtete).
Kommt es zu grösserem Strommangel, wäre das vergleichbar mit der Ölkrise der 1970er-jahre, erklärt Marc Scherer, Experte für das europäische Stromnetz: «Damals durften beispielsweise mal Autos mit geraden Zahlen auf dem Nummernschild fahren, dann wieder die mit ungeraden Zahlen. So etwas könnte man auch bei E-autos anordnen.» Zudem könnte die Menge und Dauer des Strombezugs für Elektroautos
teurer werden. Es sei aber unwahrscheinlich, dass es so weit komme, denn es gebe bereits technische Lösungen, damit Elektroautos untereinander den Strombezug koordinieren könnten.
Laut Christina Marchand, Strommarktexpertin an der ZHAW, ist es keine Lösung, den Ladestationen für mehrere Stunden am Tag den Saft abzudrehen. Stattdessen brauche es intelligente Ladesäulen für Privathaushalte. «Solche Stationen messen aktiv den Zustand des Stromnetzes und passen sich an», erklärt Marchand. Zudem dürfe nicht vergessen werden, dass Elektroautos selbst Speicher sind: Wer sein E-fahrzeug also mal nicht braucht, kann es ans Netz hängen und so Strom zurück ins System speisen.