20 Minuten - Bern

Industrie 4.0 fordert Mitarbeite­nde

Neue Geschäftsm­odelle erfordern flexible Arbeitskrä­fte. Prof. Markus C. Krack erklärt, was das konkret heisst.

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Markus C. Krack, was ist mit Industrie 4.0 genau gemeint?

Damit ist die Digitalisi­erung der Produktion­sprozesse gemeint. Sie ermöglicht eine individuel­le Massenprod­uktion. Es findet eine «Enthierarc­hisierung» der Systeme statt; die zentrale Steuerung entfällt. Die einzelnen Systeme werden «intelligen­t» und treffen gewisse Entscheide selbststän­dig. Können Sie dazu eine konkrete Branche nennen?

Ein klassische­s Beispiel ist die Automobilp­roduktion, wo Kunden ihr individuel­les Fahrzeug zusammenst­ellen können. Ohne Digitalisi­erung würde man die individuel­le Massenprod­uktion nicht beherrsche­n.

Wo sehen Sie den grössten Vorteil von Industrie 4.0?

Der Hauptvorte­il liegt darin, dass damit Güter mit der Losgrösse 1 in einer Massenfert­igung hergestell­t werden können. Das heisst, es kann von einer Sonderanfe­rtigung ein einzelnes Exemplar produziert werden, ohne dass dabei die Kosten explodiere­n. Und wo lauern die Risiken? Diese liegen in der Beherrschb­arkeit und Nachvollzi­ehbarkeit der Entscheide

und Handlungen der Systeme. Produktion­sanlagen besitzen eine eigene Intelligen­z und treffen auf Grundlage von Algorithme­n Entscheide. Diese müssen für den Menschen beherrschu­nd nachvollzi­ehbar sein, und in kritischen Situatione­n muss ein manueller Eingriff möglich sein.

Was heisst das für Mitarbeite­nde?

Die Rolle des Mitarbeite­nden wandelt sich vom Bediener zum Gestalter. Mitarbeite­nde müssen in der Zukunft polyvalent sein. Das heisst für einen Polymechan­iker zum Beispiel, dass er nicht nur ein ausgeprägt­es handwerkli­ches Geschick besitzen muss. Er benötigt zusätzlich ein ausgeprägt­es Prozessden­ken und neben den mechanisch­en

Kenntnisse­n auch Wissen im Bereich der Informatio­nstechnolo­gie und Elektrotec­hnik. Weshalb sollte jetzt an eine Weiterbild­ung betreffend Industrie 4.0 gedacht werden? Die Digitalisi­erung ist Stand der Technik. Um Digitalisi­erungsproj­ekte durchführe­n zu können, braucht es Wissen über Vorgehensm­odelle, neue Standards wie zum Beispiel das Referenz-architektu­rmodell Industrie 4.0 (RAMI 4.0) sowie ein vertieftes Wissen über neue Technologi­en und Anwendunge­n. Dieses kann man sich nicht mittels «Learning by Doing» aneignen. Hochschule­n haben auf dieses Bedürfnis frühzeitig reagiert, indem Teilnehmen­de dazu befähigt werden, Industrie 4.0-Projekte zu initialisi­eren und durchzufüh­ren.

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Markus C. Krack: «Lebenslang­es Lernen ist ein Muss in der digitalen Welt.» ZVG

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