Industrie 4.0 fordert Mitarbeitende
Neue Geschäftsmodelle erfordern flexible Arbeitskräfte. Prof. Markus C. Krack erklärt, was das konkret heisst.
Markus C. Krack, was ist mit Industrie 4.0 genau gemeint?
Damit ist die Digitalisierung der Produktionsprozesse gemeint. Sie ermöglicht eine individuelle Massenproduktion. Es findet eine «Enthierarchisierung» der Systeme statt; die zentrale Steuerung entfällt. Die einzelnen Systeme werden «intelligent» und treffen gewisse Entscheide selbstständig. Können Sie dazu eine konkrete Branche nennen?
Ein klassisches Beispiel ist die Automobilproduktion, wo Kunden ihr individuelles Fahrzeug zusammenstellen können. Ohne Digitalisierung würde man die individuelle Massenproduktion nicht beherrschen.
Wo sehen Sie den grössten Vorteil von Industrie 4.0?
Der Hauptvorteil liegt darin, dass damit Güter mit der Losgrösse 1 in einer Massenfertigung hergestellt werden können. Das heisst, es kann von einer Sonderanfertigung ein einzelnes Exemplar produziert werden, ohne dass dabei die Kosten explodieren. Und wo lauern die Risiken? Diese liegen in der Beherrschbarkeit und Nachvollziehbarkeit der Entscheide
und Handlungen der Systeme. Produktionsanlagen besitzen eine eigene Intelligenz und treffen auf Grundlage von Algorithmen Entscheide. Diese müssen für den Menschen beherrschund nachvollziehbar sein, und in kritischen Situationen muss ein manueller Eingriff möglich sein.
Was heisst das für Mitarbeitende?
Die Rolle des Mitarbeitenden wandelt sich vom Bediener zum Gestalter. Mitarbeitende müssen in der Zukunft polyvalent sein. Das heisst für einen Polymechaniker zum Beispiel, dass er nicht nur ein ausgeprägtes handwerkliches Geschick besitzen muss. Er benötigt zusätzlich ein ausgeprägtes Prozessdenken und neben den mechanischen
Kenntnissen auch Wissen im Bereich der Informationstechnologie und Elektrotechnik. Weshalb sollte jetzt an eine Weiterbildung betreffend Industrie 4.0 gedacht werden? Die Digitalisierung ist Stand der Technik. Um Digitalisierungsprojekte durchführen zu können, braucht es Wissen über Vorgehensmodelle, neue Standards wie zum Beispiel das Referenz-architekturmodell Industrie 4.0 (RAMI 4.0) sowie ein vertieftes Wissen über neue Technologien und Anwendungen. Dieses kann man sich nicht mittels «Learning by Doing» aneignen. Hochschulen haben auf dieses Bedürfnis frühzeitig reagiert, indem Teilnehmende dazu befähigt werden, Industrie 4.0-Projekte zu initialisieren und durchzuführen.