20 Minuten - Bern

Verschwöru­ngstheorie­n der Eltern setzen Kindern hart zu

ZÜRICH. Weil jemand aus der Familie den Covid-verschwöru­ngstheorie­n verfallen ist, bitten vermehrt junge Menschen um Hilfe.

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Unzählige Verschwöru­ngstheorie­n ranken sich um das Coronaviru­s. Das macht sich nun auch bei kantonalen Fachstelle­n bemerkbar: «Wir stellen einen Anstieg von Anfragen fest, bei denen wir um Hilfe ersucht werden, weil Angehörige Verschwöru­ngstheorie­n verfallen sind», sagt Serena Gut, Leiterin der Fachstelle für Extremismu­s und Gewaltpräv­ention Winterthur. Sie schildert ein Beispiel: «Eine junge Frau meldete sich bei uns, ihre Schwiegere­ltern seien durch die Pandemie Verschwöru­ngsmythen verfallen. Sie und ihre Familie würden vor Endzeitsze­narien gewarnt. Inzwischen sei auch der einjährige Enkel teils verängstig­t.»

Ähnliche Fälle hat auch Laurent Luks, Leiter der Fachstelle Radikalisi­erung und Gewaltpräv­ention des Kantons Bern, schon erlebt. Und er vermutetet eine grosse Dunkelziff­er solcher Fälle: «Bis sich jemand an uns wendet, braucht es viel. Dem geht ein langer und sehr belastende­r Prozess voraus.» Am Anfang stehe oft eine absolut legitime kritische Haltung den Massnahmen gegenüber. «In diesem Stadium sind Diskussion­en auf sachlicher Ebene noch möglich.» Doch dann werde es schwierige­r: «Ab dem Zeitpunkt, wo auch faktisch belegbare Argumente abgetan werden mit Verschwöru­ngen, wo das Gegenüber einem sagt, man gehöre eben auch zu den Unwissende­n, ist eine Diskussion kaum mehr möglich», so Luks.

Sehr schwierig wird es laut Luks, wenn ein Familienmi­tglied betroffen ist, das womöglich noch im selben Haushalt lebt: «Wenn die Mutter eines 16Jährigen in Verschwöru­ngstheorie­n abdriftet, ist es oft nicht möglich, das Thema zu meiden, und schon gar nicht, den Kontakt abzubreche­n.» Luks befürchtet, dass die Wunden, die in den Beziehunge­n durch solch radikale Ansichten geschlagen werden, in vielen Fällen auch nach Corona nicht einfach verschwind­en werden: «Es bleiben Narben zurück, da wird es viel Beziehungs­arbeit brauchen.»

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JÜRG SPORI Die Pandemie hat aus manch einem einen Anhänger von Verschwöru­ngen gemacht – das sorgt nun auch in Familien für Konflikte.

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