Biowaffen aus zivilen Labors – Experte schlägt Alarm
ZÜRICH. Staaten könnten Experimente nutzen, um Biowaffen zu entwickeln. Politik und Sicherheitsforscher fordern mehr Kontrollen.
Befürchtungen eines Biowaffenanschlags sind seit Ausbruch des Ukraine-kriegs realer geworden. Unlängst behauptete Russland, die Ukraine entwickle im Auftrag der USA in einem geheimen Labor Biowaffen. Gleichzeitig befürchteten die USA darin ein Ablenkungsmanöver mit dem Verdacht, der Kreml bereite einen Biowaffenanschlag vor.
Die Biowaffenkonvention, von Russland und der Ukraine ratifiziert, verbietet Biowaffen. Oliver Thränert, Leiter des Think Tanks am Center for Security Studies der ETH Zürich, ortet darin jedoch Schwächen: «Es fehlen effiziente Überprüfungsinstrumente, um zu verhindern, dass die biologische Forschung zu militärischen Zwecken missbraucht wird.»
Als Vertragspartner kann die Schweiz laut Thränert einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der Biowaffenkonvention leisten. Sie sollte sich gemeinsam mit anderen Vertragsstaaten für die Wiederaufnahme von Verhandlungen über ein Verifikationsprotokoll einsetzen. Auch muss laut Thränert geprüft werden, inwiefern Experimente, die zu unerwarteten und womöglich gefährlichen Ereignissen führten, nicht oder nur teilweise veröffentlicht werden.
Scienceindustries, der Schweizer Wirtschaftsverband für Chemie, Pharma und Life Sciences, erkennt die Problematik an. «Grundsätzlich lässt sich wohl jede Forschung auch militärisch missbrauchen», sagt Mediensprecherin Pia Guggenbühl. In der Schweiz würden Inspektionen regelmässig durchgeführt. Handlungsbedarf ortet sie auf internationaler Ebene. Die Biowaffenkonvention von 1975 sollte effektiv zur Anwendung kommen, indem die Vertragsstaaten alles täten, dass sie umgesetzt werde. Unilaterale Massnahmen in der Schweiz seien wenig zielführend.
Das Risiko einer missbrauchten Forschung beschäftigt auch die Politik. «Es ist zentral, dass sich die Schweiz für Inspektionen einsetzt», sagt Grünen-nationalrätin Meret Schneider.
Mauro Tuena, Präsident der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats: «Wenn internationale Kontrollen notwendig sind, müsste dies in einem Zusatzprotokoll ratifiziert werden.»